Schumacher-Erpressung 15 Millionen Euro durch drei?
Wuppertal · Am dritten Prozesstag im Prozess gegen die mutmaßlichen Erpresser der Familie von Ex-Rennfahrer Michael Schumacher offenbarte sich am Mittwoch (8. Januar 2025) ein kompliziertes Aussagen-Geflecht. Eine Krankenschwester, gegen die inzwischen separat ermittelt wird, ist verhandlungsunfähig.
Sie stand auf der Zeugenliste, gekommen ist sie nicht: Im Prozess um die versuchte Erpressung der Familie Schumacher steht seit dem ersten Verhandlungstag eine Krankenschwester aus dem Umfeld des Ex-Formel-1-Rennfahrers im Fokus der Ermittlungen.
Der angeklagte Yilmaz T., ein 53-jähriger Wuppertaler, hatte behauptet, ihm sei das Bildmaterial, das er an die Schumachers habe „verkaufen“ wollen, von dem ebenfalls auf der Anklagebank sitzenden Mittäter (53) aus Wülfrath und ebenjener Krankenschwester übergeben worden. Die Frau habe zum Pflege-Team von Michael Schumacher gehört, der von der Familie mit der Digitalisierung von privatem Bildmaterial beauftragte Mitangeklagte und sie hätten sich nahegestanden. Die geforderten 15 Millionen hätten durch drei geteilt werden sollen. Wäre die mutmaßlich in der Schweiz lebende Zeugin angereist, hätte sie wohl wegen der gegen sie laufenden Ermittlungen die Aussage verweigern können.
Mittlerweile ist klar: In diesem Prozess wird man sie nicht mehr sehen, laut ärztlichem Attest ist sie verhandlungsunfähig. Das Schriftstück sei in französischer Sprache formuliert worden, so die Amtsrichterin, sie würde die Diagnose mit „Sozialphobie“ übersetzen.
Ein anderer Zeuge saß hingegen nach dem dritten Versuch, seiner habhaft zu werden, nun endlich im Saal: Zweimal war der Kasache schon vorgeladen worden und nicht gekommen, eigentlich hätte er ein Ordnungsgeld zahlen und polizeilich vorgeführt werden sollen. Das war dann alles doch nicht nötig, nachdem man auf dem offenbar längeren Dienstweg herausgefunden hatte, dass der in Baden-Württemberg lebende Mann dort wegen Fahrens ohne Führerschein in Haft sitzt und keinen Zugriff auf seinen Briefkasten hatte.
Angereist war er nun mittels Gefangenentransport, zu hören war von ihm das: Er sei von Yilmaz T., den er aus einem Club in Konstanz kenne, nach potenziellen Kunden gefragt worden, die Interesse an einer Festplatte mit Bildaufnahmen von Michael Schumacher hätten. Ja, er habe auf den Fotos gesehen „wie der da liegt, und so…“, aber angeblich gleich abgewunken.
Der Hauptangeklagte hingegen bestreitet, dem Zeugen Fotos gezeigt zu haben. Und nicht nur das: Sein Verteidiger vermutet sogar, dass es sich um eine „Gefälligkeitsaussage“ handeln könnte, um einen anderen Zeugen zu entlasten. Der wiederum hatte bereits am ersten Verhandlungstag behauptet, seine eigene Aussage bei der Polizei sei Unsinn, er habe zu der Sache überhaupt nichts zu sagen, man solle ihn nicht weiter behelligen.
Wer hat wem was angeboten? Und wer hatte Zugriff auf Bildmaterial und die Krankenakte? Inmitten der umfangreichen Beweisaufnahme wurde bislang vor allem eines deutlich: Dass der bei einem Ski-Unfall Ende 2013 schwer verletzte Ex-Rennfahrer seither konsequent von der Öffentlichkeit abgeschirmt wird, macht Informationen über seinen Gesundheitszustand zum Ziel krimineller Machenschaften. Immer wieder soll versucht worden sein, Bilder aus dem Krankenhaus und später auch aus dem häuslichen Umfeld an Medien oder auch an die Familie zu verkaufen.
Für den Prozess am Wuppertaler Amtsgericht wurde Corinna Schumacher als Nebenklägerin zugelassen, vertreten durch zwei Anwälte. Denn ausgerechnet hier drohte nun das, was unbedingt verhindert werden soll: Dass Fotos - diesmal als Beweismittel - oder auch sensible Informationen zum Gesundheitszustand von Michael Schumacher an die Öffentlichkeit gelangen.
Schon in der Anklageschrift wurde dazu nur das Nötigste aufgelistet, geht es nun im Prozess um die Fotos, wird die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Glaubt man den Zeugen, so soll auch der Angeklagte gewusst haben, dass das Bildmaterial „wertvoll“ sein könnte. Für die Festplatte habe der Wuppertaler 500.000 Euro haben wollen, für einen USB-Stick 50.000 Euro.
Am ersten Prozesstag hatte die Schumacher-Managerin Sabine Kehm im Zeugenstand gesagt, dass sie bereits vor Jahren von einem „Szene-Anwalt aus dem Rotlicht-Milieu“ kontaktiert worden sei, der habe ihr damals Fotos zukommen lassen. Gezahlt habe die Familie nichts und auch im Sommer 2024, als Yilmaz T. anrief, sei klar gewesen, dass sich die Familie Schumacher nicht erpressen lasse. Der erste „Erpresser-Anruf“ sei damals, mit unterdrückter Rufnummer, auf dem privaten Handy einer Mitarbeiterin eingegangen.
Deren Telefonnummer sei öffentlich nicht bekannt gewesen, der Verdacht sei daher schnell auf das enge (Mitarbeiter-)Umfeld und insbesondere auf ebenjene, zuvor gekündigte Krankenschwester gefallen.