95 Jahre Wupperverband Die Wupper: Von der Kloake zum vitalen Lebensraum

Wuppertal · Am 8. Januar 1930 trat das Wuppergesetz in Kraft. Dies war die Geburtsstunde des Wupperverbandes. Seit 95 Jahren ist er für die Wasserwirtschaft im Gebiet der Wupper von der Quelle bis zur Mündung verantwortlich.

Die Wupper in Laaken nach der Renaturierung 2018.

Foto: Wupperverband

„Der Wupperverband wurde damals gegründet, damit die wasserwirtschaftlichen Aufgaben im Flussgebiet Wupper über kommunale Grenzen hinweg in einer Hand liegen“, blickt Wupperverbands-Vorstand Ingo Noppen zurück. „Die Wasserverbände sind eine Besonderheit in Nordrhein-Westfalen und als Solidargemeinschaft aktueller denn je. Gerade Herausforderungen, wie zum Beispiel die Folgen des Klimawandels, zeigen: das Flussgebietsmanagement ist der richtige Weg.“

Wasser mache nicht an kommunalen Grenzen halt: „Daher gehen wir die Fragestellungen wie zum Beispiel Wassermanagement zur Vorsorge vor Hochwasser und Trockenheit, Gewässerentwicklung, Versorgung mit Brauchwasser, Bereitstellung von Rohwasser für die Trinkwasseraufbereitung und Abwasserbehandlung mit einem Blick auf das große Ganze von der Quelle bis zur Mündung an.“ (Bilder)

Bilder: 95 Jahre Wupperverband im Einsatz für den Fluss
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95 Jahre Wupperverband

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Rückblick: Die Wupper war eine Kloake

Die Ausgangslage vor mehr als 95 Jahren war dramatisch: Die Wupper war als Folge von Industrialisierung und Bevölkerungswachstum kein Fluss mehr, sondern nur noch eine Kloake. Die schlechte Wasserqualität brachte Epidemien in der Bevölkerung mit sich. Weitere drängende Probleme waren Hochwässer auf der einen Seite und der Bedarf an Wasser für eine wachsende Industrie und Bevölkerung auf der anderen Seite.

Die damals verantwortlichen Politiker entschieden sich dafür, die Lösung dieser Aufgaben in die Hände einer Organisation zu legen, das gesamte Flussgebiet der Wupper mit einer Größe von 813 Quadratkilometern betreut. Als Körperschaft des öffentlichen Rechts finanziert sich der Wupperverband damals wie heute aus den Beiträgen seiner Verbandsmitglieder. Dies sind die Städte und Gemeinden, Kreise, Wasserversorgungsunternehmen sowie Industrie und Gewerbe im Wuppergebiet. Den Beitragsbedarf für die Arbeit des Verbandes beschließen die Mitglieder in der Verbandsversammlung. Dies ist ein demokratisches Gremium, in das die Verbandsmitglieder Delegierte entsenden.

Der Wupperverband reinigt das Abwasser von mehr als 900.000 Menschen sowie der örtlichen Unternehmen. Er reguliert mit seinen Talsperren den Wasserabfluss in der Wupper in Trockenzeiten (Niedrigwasseraufhöhung) und leistet Hochwasserschutz. Aus der Großen Dhünn-Talsperre, der Kerspe- und der Herbringhauser Talsperre stellt er Rohwasser für die Trinkwasseraufbereitung durch die Wasserversorger bereit. Er unterhält und entwickelt die Wupper und ihre Nebenbäche. Sie bilden zusammen ein Gewässernetz von insgesamt rund 2.000 Kilometern Länge.

Und er ermittelt die wasserwirtschaftlichen Grundlagen für sein Verbandsgebiet, zum Beispiel Niederschlagsdaten. Um diese Aufgaben zu erfüllen, betreibt der Wupperverband 14 Talsperren (davon zwei im Auftrag der EWR GmbH), elf Kläranlagen, eine Klärschlammverbrennungsanlage und weitere Anlagen, zum Beispiel Regen- und Hochwasserrückhaltebecken.

Vom Abwasserfluss zurück zur Lebensader

Der einstige Abwasserfluss Wupper hat sich in den vergangenen Jahrzehnten gewandelt: Die Maßnahmen des Wupperverbandes zur Abwasserentsorgung, zum Beispiel Ausbau und ständige Optimierung der Kläranlagen, sowie zur Renaturierung und naturnahen Gewässerentwicklung zeigen Wirkung. Die Wupper ist heute wieder Lebensraum für rund 30 Fischarten. Auch empfindliche Arten wie Lachse können sich im Fluss wieder wohlfühlen. „Die Menschen genießen wieder Erholung und Freizeit am und auf dem Fluss. Dies war noch bis vor 40 Jahren kaum denkbar, denn der Fluss war bis in die 1970er Jahre noch extrem belastet“, heißt es.

Allerdings bleibt für den Verband bei allen schon erzielten Ergebnissen und Erfolgen weiterhin viel zu tun: Bei den Renaturierungsprojekten im Wuppergebiet ist die Halbzeit erreicht. Viele Abschnitte der Wupper und der Nebenbäche haben inzwischen wieder natürlichere Strukturen und ein abwechslungsreiches Flussbett. In den kommenden Jahren sind noch rund 600 größere und kleinere Projekte im Rahmen der EU-Wasserrahmenrichtlinie zu bearbeiten. Diese fordert den „guten Zustand“ aller Oberflächengewässer in Europa.

Auch die Entwicklung in der Abwasserreinigung geht weiter. Die EU hat die neue Kommunalabwasserrichtlinie beschlossen. Diese sieht unter anderem vor, dass die Kläranlagen Nährstoffe noch besser aus dem Abwasser entfernen, energieneutral werden und auch Rückstände von Medikamenten und Chemikalien (so genannte Spurenstoffe) gezielter entfernen sollen.

In Sachen Anpassung an den Klimawandel hat der Wupperverband in seinem Zukunftsprogramm Hochwasserschutz einen Umsetzungsfahrplan mit rund 200 Maßnahmen aufgestellt. Einige Projekte sind bereits umgesetzt oder in Bearbeitung. Die weitere Bearbeitung ist aber eine Langzeitaufgabe. Für die Optimierung des Hochwasserschutzes leistet der Verband in seinem Verantwortungsbereich einen Beitrag und arbeitet mit allen Beteiligten, insbesondere den Kommunen, zusammen.

Ein aktueller Videoclip gibt einen Überblick über einige Highlights aus 95 Jahren ganzheitliche Wasserwirtschaft im Wuppergebiet. Die Chronik fasst wichtige Meilensteine der Verbandsgeschichte zusammen. Die Story Maps bieten anhand von Karten eine interaktive Zeitreise durch Aufgaben des Verbandes, zum Beispiel Abwasserreinigung, Flussentwicklung.