Nach Toreschluss - die Wochenendsatire Sensibles Straßensystem

Wuppertal · Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht? Dieses bewährte Prinzip saugen Fachkräfte der Wuppertaler Stadtverwaltung offenbar schon mit der Beamten-Muttermilch auf. Neuestes Beispiel gefällig?

Eigentlich sollte an dieser Stelle nur eine Abbiegemöglichkeit durch die Poller in die Platzhoffstraße aufgemalt werden ...

Foto: Wuppertaler Rundschau/sts

Es begab sich im Jahr 2022, dass zwei Bürgeranträge im Ressort Straßen und Verkehr eingingen, in denen die Einrichtung einer vernünftigen Abbiegemöglichkeit für Radfahrer von der Briller Straße in die Platzhoffstraße gefordert wurde.

Das ist längst überfällig, denn als aktiver Radfahrer kenne ich das Problem bestens. Wer den Versuch unternimmt, vom Robert-Daum-Platz aus Richtung Nordbahntrasse zu radeln, braucht erstens viel Mut und zweitens schnelle Beine oder eine starke Batterie, weil es nur eine Chance gibt, dieses Unternehmen in der Fahrradstadt Wuppertal lebend zu überstehen: Man muss die Rotphase für Autofahrer an der Fußgängerampel Ecke Nützenberger Straße nutzen, um dann im Stil von Erik Zabel die 140 Meter berghoch auf der viel zu engen Briller bis zur halblinks abzweigenden Platzhoffstraße zu sprinten. In die kann man dann verbotswidrig abbiegen, ehe von hinten die nächste Fahrzeugwalze die Hauptstraße hoch rollt, um Jagd auf Radfahrer zu machen.

Kann man allerdings nicht abbiegen, weil von oben Autos kommen, ist das nicht schlimm, weil es in der Straßenmitte einen aufgemalten Sperrbereich gibt, auf dem Radfahrer gut warten können. Und genau dieser Sperrbereich soll laut der Bürgeranträge jetzt als richtiger Abbiegebereich für Radfahrer markiert werden.

Ein Vorschlag, der so vernünftig war, dass alle Politiker ihn gut fanden und sie sogar noch dazu motivierte, ein paar Meter weiter unten eine ähnlich sinnvolle Querungshilfe für Fußgänger einzurichten, die hier gerne mit diversen Blagen an der Hand auf die andere Seite zur dort ansässigen Kita gehen müssen.

Insgesamt zwei im Prinzip überschaubare Maßnahmen, die voriges Jahr vom Verkehrsausschuss für von den Verwaltungsexperten errechnete 16.000 Euro beschlossen wurden. In einer jetzt dazu neu erstellten Beschlussvorlage kommt man damit aber nicht mehr ganz aus, weil völlig überraschend festgestellt wurde, dass die Briller Straße an der fraglichen Stelle sehr eng ist und sich der zu bearbeitende Bereich in der Mitte der beiden Fahrbahnen befindet.

Das war auf den ersten Blick offensichtlich nicht zu erkennen, denn wir lesen hier den denkwürdigen Satz: „Erst bei der konkreten Vorbereitung der Maßnahme wurde deutlich, dass die Baustelle an einer sensiblen Stelle des Straßensystems liegt, wodurch die Einrichtung der Baustelle besonders aufwändig ausfallen wird.“

Heißt konkret: Einbahnregelung mit Baustellenampel und Umleitung auf der Briller Straße. Und wenn der Verkehr sowieso schon zusammenbricht, dann könne man gleich auch noch eine barrierefreie Querung der Sadowastraße einrichten und 500 Quadratmeter Straßenbelag erneuern, weil die Farbe für die Fahrradmarkierungen sonst nicht hält. Die ganze Chose kostet dann nicht mehr 16.000, sondern 97.000 Euro und Autofahrer sämtliche Nerven.

Ich stelle daher hiermit den Bürgerantrag, mir die 16.000 Euro zu geben. Davon kaufe ich zwei Eimer Farbe und male zusammen mit meinem Enkel, der so was gut kann, die vorhandenen Flächen nachts, wenn alles schläft, schön rot aus und zeichne noch ein paar Pfeile nach links drauf.

Wenn das nicht ewig hält, kommen wir auch gerne noch mal kostenlos wieder. Sollte sich unabhängig davon noch jemand fragen, warum in Wuppertal nur die Nase läuft, hätten wir jetzt noch eine Antwort mehr ...

Bis die Tage!