Nach Toreschluss - die Wochenendsatire Warten auf Godots Ampel

Wuppertal · Wir müssen heute über Wuppertals schlimmste Fußgängerampel reden. Theoretisch kann man mit ihrer Hilfe von der Südstraße aus quer über die B7 zur IHK, zur Sparkasse, zur Schwebebahn oder in die City gehen.

Foto: Wuppertaler Rundschau

Praktisch allerdings eher nicht, weil diese Lichtzeichenanlage mutmaßlich von einem Diplom-Verkehrsingenieur namens Wartfried Godot programmiert worden sein muss. Drückt man nämlich auf das an der Ampel montierte Signalanforderungsgerät, dauert es im Regelfall 75 Sekunden, bis die Ampel für Fußgänger Grün zeigt.

75 Sekunden können eine sehr lange Zeit sein. Speziell, wenn man sie am Rande einer sechsspurigen Straße im Dauerregen verbringt oder man wie dieser Tage bei 45 Grad in der Sonne versucht, wenigstens Teile des schwitzenden Körpers in den Schatten des überraschend schlanken Ampelmastes zu manövrieren. Überbrückt wird die Wartezeit immerhin durch ein fröhlich blinkendes Display mit Fake News in Form der beiden Worte „Signal kommt“ und das „tatok-tatok“-Geräusch für Sehbehinderte, die hier auch nicht über die Straße kommen.

Wenn einen „tatok-tatok“ nach einer Minute wider Erwarten noch nicht wahnsinnig gemacht hat, dann erledigt das ersatzweise die Tatsache, dass überwiegend überhaupt keine Autos gefahren kommen, obwohl die hier permanent grün haben, was in Wuppertal ja auch nicht so oft vorkommt. Viele Fußgänger warten also sehr lange auf nicht vorhandene Fahrzeuge, was sehr schnell zu netten Dialogen mit anderen Wartenden führt, in denen mancherlei warme Worte für Wuppertals Verkehrsplaner gefunden werden. Auf diese Weise habe ich bereits die nahezu kompletten Belegschaften aller in der Elberfelder Innenstadt ansässigen Firmen kennengelernt, die gemeinsam mit mir hier täglich ein Hörnchen kriegen.

Bekommen Fußgänger dann plötzlich und unerwartet doch Grün, liegen sich wildfremde Menschen in den Armen. Das sollten sie allerdings nicht allzu lange tun, weil die Fußgänger-Grünphase dieser Ampel nur exakt 14 Sekunden dauert. Die reichen für gut trainierte Leichtathleten gerade eben aus, um die 25 Meter Ampelstrecke in strammer Marschgeschwindigkeit zu bewältigen. Wer drömmelt, mit einem Krukenstock oder gar leichtfertig mit einem Rollator unterwegs ist, hat dagegen gar keine Chance, rechtzeitig das rettende Islandufer zu erreichen.

Erschwerend kommt noch hinzu, dass es nicht ganz ungefährlich ist, zum Zwecke der zügigen Ampelpassage einen Start wie Usain Bolt hinzulegen. Denn Autos tauchen an dieser Stelle ausgerechnet dann doch noch gerne auf, wenn ihre Ampel endlich von Grün auf Gelb umspringt. Viele sehen darin allerdings eher ein Signal mit empfehlendem Charakter und ballern bei Rot durch. Mit Karacho um die Ecke kommende Busse sind in dieser Disziplin Spitzenreiter.

Ich habe mal gerechnet: Da ich werktäglich mindestens zweimal über die Ampel des Herrn Godot gehen muss, verbringe ich im Jahr knapp zehn Stunden damit, mir im Glanze ihres Rotlichts die Beine in den Bauch zu stehen. Ich denke bereits darüber nach, mir Rasierzeug mitzubringen, um die Wartezeit sinnvoll nutzen zu können.

Neulich habe ich mir übrigens den Lichtzeichenanforderungsknopf mal näher angesehen. Wenn ich das richtig recherchiert habe, handelt es sich um ein Produkt des Herstellers „Langmatz“. Aus Fußgängersicht kann man da nur sagen: nomen est omen - so lange, wie man hier warten muss...

Bis die Tage!