Nach Toreschluss - die Wochenendsatire Naar links, naar rechts, naar Hause

Wuppertal · Man kann sich einfach auf nichts mehr verlassen. Beim amerikanischen Präsidenten muss man ständig Angst haben, dass er den roten Knopf für die Atomraketen mit dem Hausnotruf der Johanniter verwechselt. Und dann gewinnt England im Viertelfinale der Fußball-EM auch noch ein Elfmeterschießen, obwohl führende Sportwissenschaftler das bisher für komplett unmöglich gehalten haben.

von Roderich Trapp

Foto: Wuppertaler Rundschau/Max Höllwarth

Bis zu diesem Showdown war das Spiel der Engländer gegen die Schweiz allerdings noch zäher als eine Teestunde im Buckingham Palace oder die öffentliche Verlesung der allgemeinen Geschäftsbedingungen von Amazon auf Chinesisch. Nach 51 Minuten gab es immerhin den ersten Torschuss, von dem die meisten Zuschauer im Schlaf überrascht wurden. Dieses Ballspiel gewordene Barbiturat war Beweis dafür, dass England mit Blick auf das Niveau sozusagen auf dem abgestorbenen Ast des Turnierbaums unterwegs war.

Passend dazu hatte auch das Halbfinale zwischen England und Holland etwa das Tempo des Fernverkehrs im Zugnetz der Deutschen Bahn, bis die Briten in der Nachspielzeit bemerkten, dass Laufen beim Fußball gar nicht verboten und Schießen sogar erwünscht ist. Für Holland hieß es daher in Anlehnung an den großen EM-Hit der Snollebollekes „Naar links, naar rechts, naar Hause“. Oder frei übersetzt: „Ohne Holland fahr‘n wir nach Berlin.“

Doof nur, dass die deutsche Nationalmannschaft da leider auch nicht hin darf, weil wir ja gegen Spanier verloren haben, bei denen der eine Star seit wenigen Tagen einen Realschulabschluss, aber immer noch keinen Bartwuchs hat, und der andere die Frisur vom Struwwelpeter aufträgt. Eigentlich hatten wir ja gedacht, Julian Nagelsmann wäre inzwischen gegen Morbus Löw geimpft, aber ausgerechnet in diesem Viertelfinale gab es leider einen schweren Rückfall.

Mit Sitzfußballer Emre Can, der Tempo nur gegen Schnupfen in der Hosentasche und immer einen gepflegten Fehlpass im Repertoire hat, setzte der Coach die erste Halbzeit gegen Spanien nach dem Motto „always change a winning team in order not to win the next match“ komplett in den Sand. Da auch noch der Schiedsrichter beim klarsten Handspiel dieser EM offensichtlich selbigen in den Augen hatte, ist Deutschland jetzt nur noch als Gastgeber dabei, aber nicht mehr drin.

Natürlich wird Spanien das Finale gegen England gewinnen. Aber nur, sofern der besagte neue bartlose Star der Iberer mitspielen kann. Der wird ja heute erst 17 Jahre alt und Jugendliche dürfen im deutschen Fernsehen bekanntlich nicht nach 22 Uhr auftreten. Gut möglich daher, dass Lamine Yamal in der Halbzeit vom Jugendamt Charlottenburg-Wilmersdorf ausgewechselt wird.

Der Star der Engländer heißt Jude Bellingham und hat sich seit seinem Abgang aus Dortmund entscheidend weitergebildet: Er belegte an der Schauspielschule in Madrid einen Kurs im Stirnrunzeln und beleidigt Gucken und quengelt mit diesen Fähigkeiten bei jedem Pfiff des Schiris wie ein adipöser Sechsjähriger vor dem Süßigkeitenregal im Supermarkt.

Nur begrenzt mehr Fröhlichkeit strahlt sein Trainer Gareth Southgate aus, der auf der Trainerbank die Mundwinkel so tief hängen hat, als wäre er der Sohn von Angela Merkel. Ungefähr so abwartend wie weiland deren Politik ist auch seine Fußball-Philosophie, weshalb wir morgen Abend ein Spiel sehen werden, bei dem ein Olmo auf dem Feld und ein Olm an der Seitenlinie steht.

Wenn die Europameisterschaft vorbei ist, hat das übrigens einen ganz entscheidenden Vorteil: Wir müssen bei den Fernsehübertragungen nicht mehr den mit konstanter Bosheit ausgestrahlten, unerträglichen Check24-Werbespot mit „Mailand oder Madrid – Hauptsache Italien“ und Lukas Podolski am Karrieretiefpunkt gucken.

Wenn der kam – also quasi permanent –, habe ich mich immer gefragt, womit unser Land solche TV-Reklame verdient hat. Deutschland ist doch mit dem unverdienten Turnier-Aus und Olaf Scholz als Kanzler schon genug gestraft ...

Bis die Tage!