Nach Toreschluss - die Wochenendsatire Armer Albärt, reicher Ronaldo

Wuppertal · In diesen Tagen erleben wir Fußball-Fans eine durchaus beachtliche Heim-EM. Dazu an dieser Stelle ein wichtiger Hinweis für interessierte Laien, die möglicherweise annehmen, dass wir von „Heim-EM“ sprechen, weil das Turnier in Deutschland stattfindet. Das ist natürlich Unsinn!

 Roderich Trapp.

Roderich Trapp.

Foto: Wuppertaler Rundschau/Max Höllwarth

Der Begriff wird vielmehr deshalb benutzt, weil Toni Kroos auf dem Weg ins Fußball-Altersheim noch einen kleinen Schlenker gemacht hat, um ein letztes Mal für die DFB-Elf zu spielen. Möglich gemacht hat das Comeback ein genialer taktischer Schachzug des Bundestrainers, der Kroos im Mittelkreis auf einem Campingstuhl platziert und dort vom bis an die Zähne bewaffneten Defensiv-Rübezahl Andrich in der Hoffnung bewachen lässt, dass sich Kroos ob solch aufopferungsvoller Intensivpflege ab und an erhebt und einen tödlichen Pass spielt.

Weil die gegnerischen Laptop-Trainer keine Software gegen diesen Trick haben, gewinnt Deutschland jetzt plötzlich ein Spiel nach dem anderen. Erstmals seit vielen Jahren heißen Staus in Wuppertal daher jetzt manchmal wieder Autokorso.

Dabei wurden Deutschland-Trikots noch vor wenigen Monaten überwiegend zum Fensterputzen oder Mülleimerauswischen benutzt. Jetzt werden sie hektisch gewaschen und wieder übergestreift oder gleich durch das neue Auswärtstrikot ersetzt, das mit seiner erstaunlichen pinken Farbgebung auch zu einer von Mattel anlässlich der EM aufgelegten Sonderedition „Stadion-Barbie“ gehören könnte.

Es handelt sich übrigens sogar um das bestverkaufte DFB-Auswärtstrikot aller Zeiten, wobei offensichtlich sogar der älteste Sohn von Cristiano Ronaldo zu den Erwerbern gehörte. Jedenfalls trug er die pinke Pelle vor wenigen Tagen auf einem Video, in dem er seinen 14. Geburtstag feiert und etwas missmutig einen Koffer von Louis Vuitton als Geschenk entgegennimmt. Es handelt sich um ein Modell im Wert von nur 2.800 Euro. Wahrscheinlich hat sich Cristiano junior in letzter Zeit nicht gut benommen, deshalb gab es dieses Jahr nichts Großes ...

Apropos groß: Groß ist auch die Stimmung bei allen Spielen ohne deutsche Beteiligung. Es hat also handfeste Vorteile, wenn Länder wie Quatar, in denen weite Teile der Bevölkerung bei Fachbegriffen wie Umschaltbewegung an ihre TV-Fernbedienung denken, bei großen Turnieren nur als Sponsor ein paar Banden und nicht wie neulich auch noch sämtliche Funktionäre kaufen und dann Ausrichter werden.

Gut für die Stimmungs waren natürlich auch die vielen enorm spannenden Spiele mit mehr Toren nach als innerhalb der 90 Minuten. Das bisher größte Drama spielte sich aber gar nicht auf dem Platz, sondern beim Public Voiewing ab. Bei seinen Premieren-Einsätzen hat sich nämlich gezeigt, dass die Arme des offiziellen EM-Maskottchens Albärt leider so kurz sind, dass es nicht klatschen kann. Das ist dem Anheizen der Stimmung auf den offiziellen Fanmeilen eher abträglich und nicht der einzige Mangel des Plüsch-Bären. Als halsloser viereckiger brauner Klumpen sieht er aus wie ein Teddy, der als B-Ware für 95 Prozent unter Normalpreis im Steiff-Outlet verkauft wird.

Eine deutlich größere Reichweite als Albärt hat der holländische Nationaltrainer Ronald Koeman. Der Beweis ist ein gerade viral gehendes Video, auf dem zu sehen ist, wie der schon zu seinen aktiven Zeiten als ekliger Gegenspieler geltende Übungsleiter bei der Partie gegen Polen auf der Bank abgrundtief in der Nase bohrt und den auf diese Weise geborgenen Popel anschließend gierig verspeist.

Wir hüten uns an dieser Stelle vor hämischen Bemerkungen wie „Immer noch besser als eine Frikandel“, denn Deutschland hatte ja in Jogi Löw auch einen Bundestrainer, für den solche nasalen Hervorbringungen in zahlreichen Liveübetragungen dokumentierte Grundlage seiner Ernährung waren. Am Mittwoch gehörte Löw auch zu den Zuschauern beim deutschen 2:0-Erfolg gegen Ungarn. Als ihn die ARD-Kamera dort einfing, befand sich seine Hand in bewährter Manier schon wieder mit einsatzbereit wackelnden Bohrköpfen in unmittelbarer Nähe des Gesichtserkers.

Zum Glück ist man auf der Tribüne aber immer viel kürzer im Bild als am Spielfeldrand. Es hat also nicht nur sportlich sehr viele Vorteile, dass Jogi Löw nicht mehr an der Seitenlinie steht ...

Bis die Tage!