Nach Toreschluss - die Wochenendsatire Der Info-Gigant
Wuppertal · Die Händler in der Elberfelder City haben sich immer wieder über die schlechte Kommunikation rund um die Erdarbeiten in der Innenstadt beklagt, durch die vielleicht irgendwann Wärme aus der Ferne, aber heute schon kein Kunde mehr aus der Nähe kommt.
Als Strafe für die Beschwerden wurden jetzt dreieckige Infotafeln in der Fußgängerzone installiert, die auf runden Betonsockeln von nahezu unermesslicher Größe stehen. Sie erinnerten mich beim ersten Anblick sehr an die Panzersperren, die ich beim letzten Frankreich-Urlaub an den Überresten des Westwalls besichtigt habe. Sollten tatsächlich mal Invasoren von Osten kommen, wäre für sie an der Kirchstraße Feierabend.
Auf dem dort mit unnachahmlich ungeschicktem öffentlichen Händchen mitten in der Außenbestuhlung von Milias Coffee platzierten Info-Giganten steht gemessen an seiner Größe eher wenig drauf. Ins Auge fällt vor allem die Überschrift auf einer der drei Seiten: „Zusammen bauen wir das neue Elberfeld“. Ist das etwa eine Aufforderung an die Wuppertaler, beim Buddeln zu helfen, damit die Baustelle doch nicht noch Jahrzehnte dauert? Steht zu befürchten, dass wir demnächst nicht nur Slalom um Baugruben herum laufen, sondern sie vorher auch noch selbst ausheben müssen? Nein: Gemeint ist mit „zusammen“, dass hier erst die Stadtwerke Rohre verlegen und danach die Stadt alles wieder schön macht.
Nun sind Stadt und Stadtwerke baustellentechnisch eine eher angsteinflößende Koalition, die schon vielerorts den Verkehr langfristig zum Erliegen und Nerven von Anwohnern zum Blankliegen gebracht hat. Die Beteiligten sind trotzdem überaus optimistisch: Auf den Infotafeln steht nämlich: „Am Ende des Bauprojekts wird ein ganz neues Elberfeld stehen. Mehr Lebensqualität in der City, neue Chancen für den Einzelhandel, mehr Raum für alle Wuppertalerinnen und Wuppertaler.“
Das hört sich super an und wirft lediglich die Frage auf, warum die Poststraße auf dem darüber positionierten Bild ihres geplanten zukünftigen Erscheinungsbildes im Prinzip genauso aussieht wie früher. Richtig ist auf jeden Fall, dass es dann neue Chancen für den Einzelhandel gibt, weil der bisherige die Baustelle ja überwiegend nicht überleben wird.
Das erwähnte Ende des Bauprojekts könnte ungefähr in sieben Jahren erreicht werden, sofern die Archäologen nicht wieder irgendwelche Nachttöpfe der Bewohner von Burg Elberfeld finden, die noch dringend untersucht werden müssen. Dann wird es noch später. Das erklärt möglicherweise eine seltsame Begebenheit, die Ihnen vielleicht auch aufgefallen ist, wenn Sie dieser Tage mal in der Stadt waren: Die ganze Fußgängerzone ist gepflastert mit Wahlplakaten – und zwar fast ausschließlich von der „Partei für schulmedizinische Verjüngungsmedizin“.
Sie tritt laut Homepage bei der Europawahl an, um sich für die schnellere Entwicklung von Verjüngungstherapien einzusetzen, mit denen Menschen Tausende Jahre gesund leben können. Nur mit Hilfe dieser Therapien könnten Elberfelder wirklich sicher sein, das Ende der Baustelle noch zu erleben. Die Partei konzentriert ihren Wahlkampf also auf Wuppertal, weil sie hier auf die absolute Mehrheit hoffen darf ...
Bis die Tage!