Nach Toreschluss - die Wochenendsatire Bodendenkmäler

Wuppertal · Vor einiger Zeit habe ich mal eine archäologische Mal Führung in Köln gemacht, bei der man die römischen Hinterlassenschaften unter der Innenstadt vorgeführt bekam. Diese Besichtigung habe ich in bester Erinnerung, was allerdings auch maßgeblich daran lag, dass sie unter dem Motto „obergärig – unterirdisch “ stand und man auf dem Weg von der einen Ausgrabung zur anderen jeweils zum Kölschtrinken in unterschiedliche Brauhäuser ging.

Die Elberfelder Unterwelt ...

Foto: Christoph Petersen

Deshalb war ich natürlich auch am Start, als die Stadt Wuppertal am Donnerstag zum ersten Mal eine öffentliche archäologische Führung zu den Ausgrabungen in den Baustellen der Elberfelder City angeboten hat. Außer mir und dem Sturmtief „Wencke“ waren dazu weitere gut 30 funktionsbekleidete Teilnehmer gekommen, was zeigt, dass die Leute in der Stadt zwar nichts mehr kaufen, sich aber durchaus noch für sie interessieren.

Die Verwaltung will diese Führungen künftig regelmäßig machen, um vernünftig zu erklären, warum es bei den Baustellen in der Fußgängerzone noch langsamer vorangeht als im Stau auf der A46. Das liegt nämlich am neuen Denkmalschutzgesetz des Landes NRW, das eigens beschlossen wurde, um Bauarbeiten aller Art im Prinzip unmöglich zu machen. Wer heute einen Spaten in die Hand nimmt und beim Buddeln auf einen Stein stößt, muss nämlich sofort alle Werkzeuge fallen lassen und Archäologen hinzuziehen, die prüfen, ob selbiger möglicherweise von den alten Germanen oder mittelalterlichen Burgfräuleins dort hingelegt wurde.

Als Wuppertal beschlossen hatte, in der gesamten Elberfelder City Fernwärmeleitungen zu verlegen, um Häuser zu beheizen, in denen es danach keine Geschäfte mehr gibt, wurde man von diesem neuen Denkmalschutzgesetz kalt erwischt. Denn unter der Innenstadt liegen bekanntermaßen noch ein paar Wackersteine der Burg Elberfeld, die in den Löchern für die Leitungen mit freigelegt wurden. Das war fatal, weil dann eben gesetzlich verpflichtend erst Ausgrabungsfirmen und Archäologen kommen müssen, um die Klötzchen zu erforschen.

Wenn sich also jemand darüber aufregt, dass die Baustellen so lange dauern, muss er die Landespolitiker am Öhrchen ziehen, die das Gesetz beschlossen haben, und nicht die Stadt ausschimpfen.

Bilder: Rundgang durch die Baustellen-City​
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Rundgang durch die Baustellen-City

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Foto: Christoph Petersen

Damit die Erforschung künftig schneller geht, hat die Verwaltung immerhin jetzt selbst Archäologen eingestellt. Einer davon überraschte am Donnerstag nach nur drei Wochen in Wuppertal mit so viel Wissen über die Elberfelder Geschichte, dass man sich spontan fragte, warum er mit solchen Fähigkeiten nicht direkt in einer vernünftigen Stadt angefangen hat. Dieses Wissen konnte er auch noch sehr gut vermitteln und entwarf so ein plastisches Bild der Burg Elberfeld im Mittelalter.

Von der gibt es Zeichnungen, auf denen sie sehr schön aussieht, die aber nicht stimmen können, wie die Forscher aus den Steinen herausgelesen haben. Möglicherweise seien die Türme nicht eckig, sondern rund gewesen und überhaupt habe die Burg wohl schräger gestanden als bisher angenommen.

Darauf deutet ein Fundament-Bruchstück hin, das direkt unter dem Eingang der Tchibo-Filiale auf der Poststraße verläuft und die deshalb jetzt für Kunden ähnlich unkomfortabel erreichbar ist wie die Burg Elberfeld im 15. Jahrhundert für Eroberer. Keramik wurde in den Baugruben übrigens auch gefunden, was ansonsten in der Elberfelder City eher schwierig ist, seit Sticher und der Kaufhof nicht mehr da sind.

Der Archäologe erzählte zudem von der Elberfelder Freiheit, die im Mittelalter schon das Recht hatte, einen Markt abzuhalten. Dieses Recht hat Elberfeld bis heute, mit dem Markt klappt es aber nicht mehr so gut wie vor 600 Jahren.

Ich habe auch gelernt, dass Elberfeld im späten Mittelalter mehrfach komplett abgebrannt ist. Nach dem letzten Mal wurden der Stadt 20 Jahre lang sämtliche Abgaben erlassen. Vielleicht müssten wir Wuppertal also heute einfach mal abfackeln, um endlich eine Altschuldenlösung für die Stadt zu bekommen ...

Wenn fertig geforscht ist, werden die historischen Gemäuer übrigens wieder zugeschüttet. Ob man denn da nicht wenigstens eine Glasplatte drüber legen könnte, damit sie auch später noch zu sehen seien, wollte jemand wissen. Das würde nichts bringen, da sähe man dann nur Fernwärmeleitungen, meinten die Experten.

Aber wenn das in dem Tempo weitergeht, dann sind diese Fernwärmeleitungen ja bis zu ihrer Fertigstellung vielleicht selbst schon Bodendenkmäler. Da könnte man das doch gut mal machen ...
Bis die Tage!