Nach Toreschluss - die Wochenendsatire Mönchssittich-Sitting

Wuppertal · Die Pflege fremder Haustiere ist oft eine nicht zu unterschätzende Herausforderung. Das kann jetzt auch ein Wuppertaler Paar bestätigen, das der Bitte von Verwandten aus Oberhausen nachkam, während deren Wochenend-Ausflugs bei ihnen einzuziehen und die neuerdings dort heimischen Mönchssittiche zu hüten.

Roderich Trapp.

Foto: Wuppertaler Rundschau/Max Höllwarth

Das kann man ja durchaus mal machen, um sich im verglichen mit Wuppertal mediterranen Ruhrgebiets-Klima zu entspannen. Vor Ort wurden die beiden allerdings kalt von dem Umstand erwischt, dass die Mini-Papageien, obschon vom Wuchs her sehr klein, doch beachtlichen Raum im Leben ihrer Halter einnahmen.

Genau genommen belegten sie mit ihrem Käfig in der Größe von Aralandia weite Teile des Wohnzimmers, das sich auch auf den verbleibenden Restflächen weitgehend an den Bedürfnissen der grünen Flattermänner orientierte. Zwischen Klettergestellen, Baumkränzen und Ästen standen unzählige Schälchen mit Früchten und Vogelfutter, auf dass sich die Leon und Marie getauften Sittiche daran allzeit laben können wie ein Pauschaltourist am All-Inclusive-Büffet. Spuren menschlichen Lebens gab es dagegen im Wohnzimmer kaum.

Mit an die Hand gegeben wurde den Aushilfs-Tierpflegern eine fünfseitige Handlungsanweisung mit präzisen Vorgaben zur Betreuung des Vogelpaares, dessen Käfigtür exakt um 7.35 Uhr sanft geöffnet werden müsse, damit sich Leon und Marie an den neuen Morgen gewöhnen können. Sodann gelte es, ihren Freiflug in der Wohnung engmaschig zu überwachen und die geselligen Sittiche angemessen zu unterhalten.

Nachmittags sei dann pünktlich ihre Lieblingssendung „Bares für Rares“ einzuschalten, die sie vorzugsweise von der Lehne des Fernsehsessels aus verfolgen, wo ihnen Snacks zu reichen seien. Um 18:30 Uhr würde sich das gefiederte Gespann dann freiwillig wieder in seinen Käfig zurückziehen, noch ein bisschen Futter aus dem im 3D-Drucker für sie hergestellten Riesenrad picken und dann schlafen gehen.

Ein insgesamt ehrgeiziges Programm, das sich in der Praxis noch schwieriger darstellte als in der Theorie. Leon und Marie quasselten und krakeelten nämlich ununterbrochen und derart laut, wie man es sonst eigentlich nur bei Moderationen von Barbara Schöneberger erlebt. Gleichzeitig bemühten sie sich non-stop darum, die Aufmerksamkeit ihrer Hüter durch Sturzflüge in deren Gesichter auf sich zu ziehen, die jedem Kamikaze-Piloten zu großer Ehre gereicht hätten. Das Personal aus Wuppertal war nämlich oft abgelenkt, weil es entweder die verdauten und flugs ausgeschiedenen Reste des Buffets aufwischen oder zerfetzte Einrichtungselemente und Federn aufsaugen mussten.

So etwas geht an die Nerven, weshalb Dialoge wie „Haltet den Schnabel!!!!“ – „Was schreist du denn so rum?“ – „Wieso ich? Die schreien doch!“, sogar die Beziehung der Betreuenden kriseln ließen. Besser lief es bei Leon und Marie, die in die Tat umsetzten, was die Vogelmama vor ihrer Abfahrt noch beiläufig erwähnt hatte: Leon und Marie seien jetzt auch zusammen und würden sich zunehmend geschlechtlichen Freuden hingeben, was aber sinnvollerweise zur Verhinderung weiteren Sittich-Zuwachses unterbunden werden solle. Wie man das bewerkstelligt, wenn sich der Akt auf dem Wohnzimmerschrank in zwei Metern Höhe vollzieht, stand leider nicht in der Gebrauchsanweisung.

Auch der versprochene freiwillige Rückzug in den Käfig blieb aus, sodass die Sittiche ihre Freiheit auch über Nacht ausleben konnten. Das war vielleicht auch besser für sie, weil ihr Wuppertaler Aufsichtspersonal bereits intensiv darüber nachdachte, sich im benachbarten Asia-Supermarkt nach geeigneten Zubereitungsarten für Mönchssittiche zu erkundigen.

Den Sittich-Besitzern wurde nach ihrer Rückkehr mitgeteilt, dass die Nachruhe leider nicht wie gewünscht hergestellt werden konnte. „Der Leon sieht aber auch wirklich ein bisschen abgespannt aus“, hatte die Vogelmutti bereits erkannt, zeigte sich aber auch angesichts der vergeblichen Bemühungen um Vögel-Verhütung nachsichtig: „Wenn es demnächst kleine Sittiche gibt, bekommt ihr die geschenkt ...“

Bis die Tage!