Nach Toreschluss - die Wochenendsatire Mit freundlichen Grüßen

Wuppertal · Früher schrieben Menschen noch Briefe. Für jüngere Leser: Das waren Mails auf Papier, bei denen die Hand und ein Stift der Drucker waren.

Sie vereinsamen immer mehr ...

Foto: Sven Dichte

Heute macht das niemand mehr, weil man Nachrichten viel bequemer digital übermitteln kann und der Transport analoger Schriftstücke demnächst ohnehin so teuer wird, dass man vermuten könnte, Briefe würden von vier gesalbten Götterboten persönlich auf einer Sänfte durch Deutschland getragen. Selbst das Porto für Postkarten soll ja demnächst auf 95 Cent angehoben werden. Da werden viele sie lieber abfotografieren und per Whatsapp schicken.

Was Briefe und Mails allerdings verbindet, ist das Problem, dass man an ihr Ende eine Grußformel setzen muss. Das gibt mir schon seit einiger Zeit zu denken. Neulich erreichte mich nämlich eine Mail, die „mit besten Grüßen“ an mich aufhörte.

Das fand ich im Prinzip gut, weil man mich ganz offensichtlich nicht „mit zweitbesten Grüßen“ abspeisen wollte. Aber man sieht an diesem Beispiel, dass die Vielgestalt der Grüße einige Fragen aufwirft. Nehmen Sie nur mal die „lieben Grüße“, die man sehr häufig abschiedshalber übermittelt bekommt: Gibt es denn wohl auch „böse Grüße“, die weniger wohlmeinende Menschen unter ihre Nachrichten setzen? Habe ich noch nie gehört, wäre aber eine Idee für genervte Menschen, die in ausgedehntem Schriftverkehr mit der Wuppertaler Stadtverwaltung auf verbeamteten Granit beißen.

Amtsschreiben selbst enden ja immer „mit freundlichen Grüßen“, was in den meisten Fällen glatt gelogen ist. Selbst unter garstigen Ladungen zum Haftantritt oder der ansonsten unmissverständlich harsch formulierten Aufforderung, sein gesamtes Geld beim Finanzamt abzugeben, steht „mit freundlichen Grüßen“. Wir von der Zeitung werden auch sehr gerne mal ausführlich von Menschen mit anderer Meinung als unserer schriftlich beschimpft: „Sie Schmierfink haben von nichts eine Ahnung, aber einen großen Hals! Mit freundlichen Grüßen ...“

Bei näherem Hinsehen werden Sie feststellen, dass das nicht so richtig zusammenpasst. Deshalb sind vielleicht auch ältere Abschlussformeln wie „Hochachtungsvoll“ kaum noch gebräuchlich. Oder würden Sie einen Brief an Donald Trump mit „Hochachtungsvoll“ beenden wollen?

Früher gab es sogar noch gestelztere Wendungen wie „Stets der Ihre“. Das könnte ich heute unter inhaltlichen Gesichtspunkten höchstens an meine Frau schreiben. Die würde sich dann aber wundern, dass ich sie Sieze.

Aus Urlaubsgebieten erreichen einen manchmal „sonnige Grüße“, was uns als Wuppertaler eher deprimiert. Wenn ich aus dem Fenster gucke, könnten wir höchstens „bedeckte Grüße mit Tendenz zum Sprühregen“ in alle Welt schicken, sofern wir nicht als Phantasten gelten wollen. Deshalb verbleibe ich hier wie immer ...

Bis die Tage!