Nach Toreschluss - die Wochenendsatire Phubbing und Hühneraugen

Wuppertal · Heute müssen wir dringend über Phubbing reden. Erstaunlicherweise kennt kein Schwein (und auch kein Mensch) dieses Wort, obwohl es in unserem Alltag immer mehr um sich greift. Phubbing bezeichnet nämlich den unangemessenen Gebrauch eines Smartphones in Gesellschaft anderer Menschen.

Früh übt sich ...

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Phubbing setzt sich zusammen aus „Phone“ und „snubbing“ – sprich: „brüskieren“. Weil beides inzwischen schon fast untrennbar miteinander verbunden ist, lag es also nahe, die beiden Wörter auch nahezu komplett miteinander zu verschmelzen. Ein schönes Beispiel für Phubbing sind Teenager, die beim Abendessen nicht mehr mit Messer und Gabel essen können, weil eine Hand durchgehend vom Smartphone belegt wird.

Es kann selbstverständlich nicht auf die Seite getan werden, weil dann eine existenzbedrohende, im Extremfall sogar minutenlange Abkopplung vom Social-Media-Feed droht und es nicht vorstellbar ist, auf das soeben von einem Mitbeschulten gepostete wichtige Katzenvideo möglicherweise erst mit geraumer Verzögerung ein „So cute!!!“ unter Beigabe diverser Herzchen- und Pfötchen-Emojis zu schicken.

Die Interaktion mit Elternteilen oder Geschwistern wird dabei abgesehen von Verneinungs-Grunzlauten auf Fragen wie „Willst du nicht mal langsam anfangen zu essen? Es wird doch kalt ...“ quasi komplett eingestellt. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis Erziehungsberechtigte WhatsApp-Gruppen mit Namen wie „Mittagessen“ oder „Familienfrühstück“ einrichten und ihre mit am Tisch sitzenden Kinder da rein einladen, um dann mit ihnen beim Essen per Gruppen-Videocall zu reden.

Immerhin erklärt dieses Phänomen, warum One-Pot-Gerichte, die früher Eintopf hießen und gerade bei Jugendlichen sehr unpopulär waren, plötzlich so angesagt sind. Um einen hippen „green cabbage one pot“ (ehemals Grünkohleintopf) zu essen, braucht man nämlich nur einen Löffel und kann ungehindert weiter tiktokken.

Eine weitere flächendeckend grassierende Phubbing-Form ist das Telefonieren mit Lautsprecher. Eigentlich hatte es sich ja seit Jahrzehnten bewährt, das Telefon unmittelbar ans Ohr und Botschaften vom anderen Ende der Leitung damit privat zu halten. Nicht umsonst bieten auch modernste Smartphones diese traditionelle Kommunikationsmethode weiterhin an. Sie wird aber immer seltener genutzt, denn neuerdings tragen ganz viele Menschen das Smartphone mit eingeschaltetem Lautsprecher wie eine Monstranz vor sich her und beschallen mit der Stimme ihrer Gesprächspartner gerne weite Teile der Innenstadt, eines Bus-Inneraums oder Cafés.

So muss man als argloser Passant oder Sitznachbar mit anhören, dass die Fußpflegerin Omas Hühneraugen immer noch nicht in den Griff gekriegt hat, Mandys Freund voll nicht nett zu ihr war – oder die ganze Reisegruppe in Ägypten unter schlimmem Durchfall leidet. Das sind wichtige Informationen, die man immer schon mal nicht bekommen wollte.

Warum das Telefon nicht mehr ans Ohr gehalten werden kann, wird letztlich ein Rätsel bleiben, denn der Aufwand ist nicht höher als beim Schreien über Lautsprecher und die Verständigung in der Regel viel besser. Aber weil Menschen ja inzwischen auch in den mäßig sozialen Medien fröhlich alles teilen, was andere nicht interessiert, ist das Lautsprecher-Phänomen vielleicht nur die konsequente Fortsetzung dieses Trends in der analogen Welt. Ganz egal, ob das andere abphubbt oder nicht ...

Bis die Tage!