Nach Toreschluss - die Wochenendsatire Bahn-Kontrollverlust

Es gibt immer mal wieder lokale Fachfragen, die man selbst als erfahrener Wuppertaler Ureinwohner nicht schlüssig beantworten kann. Nehmen Sie zum Beispiel mal diese blauen Würfel, die auf dünne Säulen montiert vor den Schwebebahnhaltestellen stehen.

Die Schwebebahn mit dem blauen Symbol.

Die Schwebebahn mit dem blauen Symbol.

Foto: Christoph Petersen

Sie sollen offensichtlich deutlich machen, welches Verkehrsmittel man an dieser Station besteigen kann. Das ist möglicherweise wichtig, damit auswärtige Besucher nicht meinen, es handele sich bei den Zügen da oben am Gerüst um die Wuppertaler U-Bahn. Deshalb steht auf den Würfeln also „schwebebahn“ - und zwar in genau dieser Schreibweise. Womit wir zu der Frage kommen, mit der mich neulich eine nette Frau vor dem Schwebebahnhof Ohligsmühle auf dem falschen Fuß erwischte: „Warum ist Schwebebahn da eigentlich klein geschrieben? Das ist doch falsch …“

Damit hat sie natürlich Recht, denn bei der „Schwebebahn“ handelt es sich nicht nur um Wuppertals Hauptattraktion, sondern auch um ein Hauptwort, das nach gutem deutschen Rechtschreibgebrauch unzweifelhaft mit einem großen Buchstaben beginnen sollte. Was also ist da schief gelaufen?

Ich habe zunächst mal überprüft, ob es sich möglicherweise um ein einmaliges Vertunis handelt, das nur an dieser Station passiert ist. Ich erinnere mich schließlich noch gut daran, wie vor Jahren wenige Meter weiter ein Bauarbeiter das vorher neu auf die Fahrbahn gepinselte rote Stopschild um das Wort „SOTP“ ergänzte. Die vom mutmaßlich eher nicht aus dem deutschen Sprachraum stammenden Asphaltmaler gewählte Anordnung der zwei Meter hohen, strahlend weißen Buchstaben musste dann nachträglich noch etwas angepasst werden. Im vorliegenden Fall scheidet derlei menschliches Versagen aber aus, weil tatsächlich an allen Stationen „schwebebahn“ auf den Würfeln steht.

Also hat das Ganze vielleicht einen tieferen Sinn: Möglicherweise soll die ganz klein geschriebene „schwebebahn“ schon vorab signalisieren, dass Passagiere nach der erfolgreichen Digitalisierung des Systems keine zu großen Erwartungen im Hinblick auf einen wirklich zuverlässigen Betrieb mehr hegen sollten. Wobei nach diesem Prinzip die „DB“-Schilder an Deutschlands Eisenbahnhöfen ja höchstens fünf Millimeter hoch sein dürften.

Aus dem Aufsichtsrat der „DB“, deren Kürzel nicht nur für Deutsche Bahn, sondern auch für „D-Bakel“ steht, war diese Woche übrigens zu hören, dass man offensichtlich die Kontrolle über den Fahrplan verloren habe. Selbiger hätte alleine 2024 schon zwei bis drei Millionen Mal geändert werden müssen. Die Erkenntnis kommt beim Aufsichtsrat überraschend spät an, Bahn-Stammkunden wissen das schon seit vielen Jahren. Im Juni betrug die Pünktlichkeitsquote der Fernzüge 52 Prozent. Falls Ihnen das aus eigener Urlaubsreiseerfahrung heraus verdächtig hoch vorkommt, gibt es dafür einen Grund: Komplett ausgefallene Züge werden von der Statistik nicht erfasst. Sie können ja nicht unpünktlich sein, weil sie gar nicht kommen.

Die Deutsche Bahn hat übrigens die älteste Stellwerkslandschaft in Europa. Das ist für eine Museumsbahn sehr erfreulich. Trotzdem ist die Bahn gerade dabei, das Schienennetz so weit zu modernisieren, dass ihre Zug-Flotte aus dem vorigen Jahrhundert flächendeckend etwas ruckfreier zu spät kommt. Dafür werden die Tickets und die Reservierungen für meistens nicht vorhandene Plätze dann allerdings teurer.

Insofern dürfen wir in Wuppertal nicht unzufrieden sein, dass die Schwebebahn offensichtlich nur die Kontrolle über ihren Anfangsbuchstaben verloren hat, ansonsten aber immer noch deutlich zuverlässiger ist als die Deutsche Bahn. Ich habe jedenfalls noch nie eine mit umgekehrter Wagenreihung einschweben sehen ...

Bis die Tage!