Kommentar zu den Kürzungen beim Jobcenter Sparen am falschen Ende

Wuppertal · Sie pflegen unsere Nordbahntrasse, geben Essen bei der Tafel aus, arbeiten im Stadtteilservice und übernehmen viele Aufgaben mehr in unserer Stadt, die für jeden von uns wichtig sind: Ohne die AGH-Kräfte, umgangssprachlich Ein-Euro-Jobber, läuft in Wuppertal im sozialen Bereich kaum was rund. Mit ihrem Einsatz unterstützen sie die wichtige Arbeit unserer sozialen Einrichtungen und gemeinnützigen Vereine.

Die Toys Company in Vohwinkel muss schließen.

Foto: Toys Company

Der Bundeshaushalt für 2025 sieht massive Kürzungen im sozialen Bereich vor. Insbesondere bei den Finanzmitteln für die Jobcenter wurde der Rotstift angesetzt – rund 1,25 Milliarden Euro gestrichen. Das hat zur Folge, dass rund 50 Prozent weniger Menschen Zugang zu Trainings- oder Qualifizierungsmaßnahmen und zum sozialen Arbeitsmarkt haben. Sie bleiben im Bürgergeld. Ihre Chancen sinken, dort wieder herauszukommen. Diese Mittelkürzung ist nicht nur für die direkt Betroffenen dramatisch, sondern auch für die Existenz der Angebote der sozialen Träger in unserer Stadt. Von denen alle etwas haben.

Der aktuelle Bundeshaushalt ist ein Sparen am falschen Ende. Die Kürzungkeule hat in Wuppertal bereits massiv zugeschlagen. Hier einige Beispiele: Das gemeinnützige Geschäft „Kabäusken“ wird von der Tafel betrieben. Jetzt muss sie sich aus dieser Außenstelle in der Elberfelder City zurückziehen (siehe Artikel „Kabäusken in Not?“). Auch weitere Bereiche muss die Tafel aufgeben, um mit den verbliebenen Mitarbeitenden ihr Kerngeschäft aufrecht zu erhalten. Durch die Kürzungen hat sie bisher 27 AGH-Kräfte verloren. Händeringend werden jetzt Ehrenamtler gesucht. Für die Essensausgabe, die Fahrten zur Abholung der Lebensmittel, sogar in der Verwaltung fehlt Personal.

Milka Vidovic.

Foto: Wuppertaler Rundschau

Weiter geht es mit der „Toys Company“. Das DEKRA-Projekt sammelte gebrauchte Spielsachen. Die dort beschäftigten AGH-Kräfte reinigten, prüften das Spielzeug und reparierten es, damit es an Kinder bezugsberechtiger Familien und an soziale Einrichtungen verteilt werden konnte. Damit ist seit dem 1. Januar in Vohwinkel Schluss. Der Standort in Barmen überlebt gerade noch. „Damit verschwindet die einzige Maßnahme in Vohwinkel, die bedürftigen Arbeitslosen eine Arbeitsgelegenheit und damit die Chance auf Wiedereingliederung ins Arbeitsleben bot“, bedauert Sascha von Schwedler von der „Toys Company“.

In Barmen bleiben 25 Plätze erhalten. Insgesamt wurden aber 75 Prozent aller Plätze gestrichen. Für die betroffenen Miterarbeitenden verschwindet nicht einfach nur ein Arbeitsplatz, sondern auch ihre sinnstiftende Tätigkeit, die ihnen soziale Teilhabe ermöglichte. Und Spielzeug findet seinen Weg nicht zu den Stellen, wo es gebraucht wird.

Das Ausmaß ist aber noch größer. Ich habe keinen Lösungsvorschlag für das Problem. Ich kann nur dazu aufrufen, entweder Geld oder Zeit – in Form eines Ehrenamtes – an die sozialen Einrichtungen zu spenden. Selbstverständlich ist das nicht allen möglich. Ich weiß, dass es sehr vielen nicht möglich ist. Aber die, die es könnten, können sich Gedanken dazu machen. Es muss nicht gleich eine große Geldspende sein.

Es reicht schon, wenn man seiner mobil eingeschränkten Nachbarin zwei Brötchen mitbringt, weil man eh für sich selbst zum Bäcker läuft. Auch sie könnte von der Kürzung betroffen sein, weil es keine Hilfskräfte mehr bei den sozialen Trägern gibt, die ihr bisher im Alltag halfen. Ja, die Politik muss sich um solche Angelegenheiten kümmern. Aber wir sollten auch solidarisch Verantwortung übernehmen.