Das hat sie allerdings nicht verdient. Schon allein deshalb, weil der Werth mit seiner großstädtischen Länge und Breite plus zweier großzügiger Plätze auf seiner Strecke schlicht und ergreifend die schönere Fußgängerzone ist. Doch aufgepasst! Nie darf nur die Optik zählen. Es muss auch, und das ist hier ganz wörtlich gemeint, um Inhalte gehen. Sprich: Was steckt drin in Barmen?
Um herauszufinden, was Immobilienbesitzern und Geschäftsleuten in der östlichen City auf den Nägeln brennt, hat die CDU jetzt einen „Runden Tisch Einzelhandel“ in Barmen durchgeführt. Und sie hat wenig Krokodilstränen und Weltuntergangsstimmung gehört, sondern eine ganze Reihe sehr konkreter und mit großer Gelassenheit formulierter Vorschläge beziehungsweise Kritikpunkte.
Wo liegen die Ursachen für diesen Unterschied: Viele Krokodilstränen und Weltuntergangsstimmung bei den runden CDU-Tischen in Elberfeld, ruhig-realistische Formulierungen und auf den Punkt gesetzte Zustandsbeschreibungen beim CDU-Termin in Barmen.
Ursache Nr.1: Der Werth sieht unendlich viel besser aus als die Poststraße zurzeit. Die vorbereitenden Arbeiten zur Neupflasterung in Barmen starten – planmäßig – im Sommer. Alle Beteiligten setzen darauf, dass aus den Elberfelder Erfahrungen in Sachen Baustellenablauf und Baustellen-Kommunikation gelernt worden ist.
Ursache Nr.2: In Barmen gibt es seit vielen Jahren ein sehr gut laufendes Netzwerk, an dem Immobilienbesitzer und Einzelhändler gleichermaßen beteiligt sind – und das ihnen sehr nützt. Ich spreche von der Immobilien-Standortgemeinschaft (ISG) Barmen-Werth. Ein ähnliches Konstrukt in der Elberfelder City auf die Beine zu stellen, ist vor einiger Zeit traurig gescheitert.
Ein Grund dafür: Zu viele Immobilieninhaber, die weit weg sitzen, sich hauptsächlich für Renditen interessieren – und denen der Zustand des (entfernten) Umfeldes, in dem ihre Immobilie steht, letztlich egal ist. Genau da liegt ein ziemlich dicker Hase im Pfeffer: Innenstadtentwicklung funktioniert nur, wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen, wenn niemandem irgendetwas egal ist.
Das Statement von Juwelier-Baeumer-Geschäftsführer Mathias Wewer von der „elementaren Wichtigkeit“ einer Innenstadt für das Image einer Kommune kann man gar nicht fett genug unterstreichen.
Ich finde es gut, dass man sich in Barmen auf sich konzentriert, den „Wettbewerb“ mit Elberfeld nicht wirklich an sich heranlässt – und angesichts der Tatsachen auf das schaut, was die alltägliche Wirklichkeit prägt: Die Bedeutung der Erreichbarkeit der City (auch!) mit Autos oder beispielsweise die Suche nach Impulsen für wichtige, stadtbildprägende Immobilien wie etwa den „Concordia“-Komplex.
Zwei Dinge sollten nicht unerwähnt bleiben: Das „Schwebodrom“ hat zweifellos für viel Frequenz und viele auswärtige Gäste gesorgt – und wird das auch weiterhin tun. Es braucht aber eine sichtbare Gastronomie, denn ohne die wird kein „echter“ Touristen-Magnet daraus.
Außerdem hat jetzt die Barmer Kunsthalle im Haus der Jugend am Geschwister-Scholl-Platz unter Beweis gestellt, dass Zugkraft in ihr steckt: Mit der erfolgreichen Wuppertal-Biennale „Hier“, die zeitgenössische Arbeiten von 21 (!) lokalen Künstlerinnen und Künstlern in fünf Räumen noch heute und morgen präsentiert, kann man live sehen: Die Marke „Wuppertal“ zieht – und dass sie das am Standort Barmen tut, setzt ein schönes Ausrufezeichen.
City-übergreifend. Mit Selbstbewusstsein. Ohne Krokodilstränen und ohne Weltuntergangsstimmung. Das gefällt mir sehr.