Kommentar zur Lage beim WSV Eigentlich logisch

Wuppertal · Stell dir vor, der WSV steigt ab – und keiner geht hin. Zugegeben, das ist etwas überspitzt formuliert, doch so ganz falsch sicher nicht. Als der Fußball-Regionalligist gestern Mittag im Stadion am Zoo auf den SV Rödinghausen traf, wäre eine Kulisse mit mehr als 2.000 Fans schon als Erfolg zu werten gewesen. Es waren 1.447.

Der WSV kämpfte vor ziemlich leeren Rängen gegen den Abstieg.

Foto: Dirk Freund

In anderen Städten wären längst Initiativen angelaufen, den Sturz in die Bedeutungslosigkeit der Oberliga zu verhindern. In Wuppertal nicht, weder vom Verein selber noch anderweitig. Was wiederum eigentlich konsequent ist.

Denn ob Wuppertal ein Standort für Profifußball ist, muss bezweifelt werden – und das, obwohl das Umfeld mit dem bergischen Städtedreieck (Remscheid und Solingen sind fußballerisch längst in den Niederungen verschwunden) und dem Oberbergischen Kreis durchaus vorhanden wäre.

Bilder: WSV-Remis nach 2:0-Führung gegen Rödinghausen
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WSV-Remis gegen Rödinghausen

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Foto: Dirk Freund

Jahrzehntelang wurde die Bundesliga-Zeit (1972 bis 1975) des WSV glorifiziert. Wobei in der dritten, der Abstiegssaison, das Stadion reichlich leer war. Auch da gab es schon kein „Alle zusammen schaffen das“. Danach hielten die Sponsoren Dieter Buchmüller und vor allem Friedhelm Runge mit zweistelligen Millionenbeträgen den Club am Leben. Gute, effektive Strukturen wurden im Grunde nie geschaffen.

Versuche, wie 2013 nach dem Rücktritt von Runge, scheiterten deutlich. Dass die Vereinsgremien nun die prekäre Lage, die sich seit Jahren abgezeichnet hat, sehr defensiv (freundlich gesagt) kommunizieren, ist zweifelsohne kein Vorteil.

Eigentlich wäre die Gelegenheit jetzt so günstig wie nie, und das wortwörtlich. Vielleicht 800.000 Euro werden gebraucht, um für die kommende Saison eine zumindest wettbewerbsfähige Mannschaft aufzustellen. Was gerade heute viel Geld ist, aber für eine Stadt wie Wuppertal, von der Größe Nummer 17 in Deutschland, eigentlich doch nicht. Einfache Rechnung: 16 Firmen, die jeweils 50.000 Euro geben, würden schon reichen – Werberechte und einen Platz in einem zu schaffenden Wirtschaftsrat inklusive.

Dass auch heute das Interesse am WSV groß ist, sehen wir jede Woche: Den Rundschau-Liveticker nutzen pro Partie mehrere tausend (einzelne) Userinnen und User.

Doch letztlich lautet ganz offenbar die Wahrheit: Weder die Wirtschaft noch die Politik in Wuppertal haben ein Interesse daran, etwas Entsprechendes anzustoßen. Sie fokussieren sich hier auf den Kultur- und Sozialbereich (das ist absolut lobenswert und keinesfalls als Kritik gemeint) oder unterstützen den BHC, der auf der Suche nach einer zukunftsfähigen Heimat, sprich Spielstätte, allerdings seit einem Jahrzehnt hochnotpeinlich alleingelassen wird. Wohlgemerkt in der „Oberstadt“ des Bergischen Landes, wenn man sich an die Outlet-Center-Diskussion erinnert.

Zurück zum WSV. Im Umkehrschluss heißt das: Wenn – im Gegensatz zu anderen vergleichbaren Städten wie Essen und Aachen, in denen es auch turbulent zuging, die aber Fußball als Werbeträger ansehen – kein Interesse besteht, etwas komplett Neues aufzubauen, dann ist es eben so. Von einem DFB-Pokal-Spiel wie gegen den FC Bayern, als auf einmal ziemlich viele WSV-Fans waren, die man zuvor und später nie oder nur ganz selten an der Hubertusallee gesehen hat, kann ein Verein nicht leben.

Insofern wären der Abstieg und die Folgen kein Betriebsunfall, sondern eine logische Entwicklung. Ganz nüchtern betrachtet. Nur bitte dann kein „Wie konnte das denn passieren?“