Kommentar zum Zustand der Schloßbleiche Wellfleisch statt Filet
Wuppertal · Alle reden über den traurigen Zustand der Poststraße, weil sie mit Baustellen und wahlweise Leerständen oder nur mäßig zum Shopping animierendem Handelsbesatz keine gute Visitenkarte für die Stadt ist. Über die Schloßbleiche nur ein paar Meter weiter redet dagegen keiner.
Dabei bietet der Fußgängerzonen-Abschnitt zwischen Alter Freiheit und Wall eigentlich reichlich Gesprächsstoff, nachdem jetzt die Sanierung von Schwebebahnhof und Köbo-Haus praktisch abgeschlossen ist. Wir haben hier 150 Meter City in ebenso seltener wie bester Sonnen-Südlage direkt an der Wupper mit Panoramablick unter dem Schwebebahn-Gerüst hindurch auf die imposante Fassade der Bundesbahndirektion, die gerade auch noch aufwändig saniert wird. Vor so einem Kulissen-Unikat würden andere Städte garantiert niederknien und etwas daraus machen.
Ideen dafür kommen einem eigentlich fast von selbst. Zum Beispiel eine begrünte Wupper-Promenade oder Gastro-Plattformen über dem Flussufer, von denen ja eine inzwischen schon vorhanden ist. Mit dem „60 Seconds to Napoli“ ist ein Pizza-Publikumsmagnet samt XXL-Terrasse über dem Fluss in den Schwebebahnhof eingezogen, der ähnlich großen Zulauf hat wie das kurz zuvor am anderen Ende der 150 Schloßbleiche-Meter eröffnete und sehr hochwertig ausgestattete Lokal „by X KEBAB“.
Zwei der größten Gastronomien in Wuppertal in einem Umfeld mit viel Potenzial vor der Tür, das aktuell aber so aussieht: mausetoter schwarzer Profan-Asphalt, auf dem sich menschliche Entgleisungen besonders nachhaltig abbilden, plus ein paar uninspirierte Sitzklötze – und Feierabend. Trotz der schönen Aussicht geht der Wuppertaler hier traditionell eher ungern entlang, zumal die Promenade abends, wenn die städtischen Knöllchen-Kolonnen Feierabend haben, auch noch gerne zum (illegalen) Parkplatz für lauffaule City-Gänger mutiert.
Kurz gesagt: Wo bleibt die stadtplanerische Idee für dieses Filetstück, das derzeit eher Wellfleisch ist? Wegen der Umbauten am Schwebebahnhof und dem daraus resultierenden Baustellenverkehr konnte man das Thema bisher auf die lange Bank schieben. Jetzt liegt es auf dem Tisch. Ich bin gespannt ...