Kommentar zu den Von der Heydt-Platz-Bänken Ich hab‘ nichts gegen Gold
Wuppertal · Liebe Leserinnen und Leser, ich gestehe: Mir haben die „goldenen“ Bänke auf und am Von der Heydt-Platz von Anfang an gut gefallen.
Weil sie anders sind als das immer Übliche, weil sie sich von ihrer Umgebung abheben – und weil sie mit ihrer Innenbeleuchtung in der Dunkelheit Akzente setzen, die die Elberfelder City unbedingt gebrauchen kann.
Ich denke, dass gerade diese Beleuchtung in Zukunft viele Passanten für sich einnehmen wird: Wenn bald das Wetter so ist, dass man gerne abends „massenhaft“ rund um die City-Gastronomiemeile Herzogstraße unterwegs ist.
Der Medien- und Leserbriefrummel wegen dieser Bänke – die ja eventuell tatsächlich bezüglich Holzschutz (wovon ich nichts verstehe) suboptimal sind – ging mir schon zu Beginn dieses Kampfes um die Stammtisch-Lufthoheit gegen den Strich. Mittlerweile geht mir das Ganze richtig auf die Nerven. Zumal wenn, wie jetzt gerade, ein ganz unwitziger Kabarett-Kasper unter dem öffentlich-rechtlichen Satiresendungs-Label „extra3“ auf den Bänken herumturnt und meint, er hätte den ultimativen Lach-Knaller gelandet. Fehlt nur noch, dass auch Mario Barth wie seinerzeit beim Thema Döppersberg aus der Höhle kommt. Oder macht der etwa gar keinen Investigativ-Journalismus mehr?
Wuppertal hat sich mit der gesamten Umgestaltung des Von der Heydt-Platzes (ausnahmsweise!) mal städtebaulich etwas getraut. Einmal etwas anders gemacht. Wenn man sich etwas (zu-)traut, gefällt das nicht jedem. Und es kostet Geld.
Geld kostet es allerdings auch, wenn man etwas „Normales“ macht. Und wenn man gar nichts macht, kostet das auch Geld, weil dann das Umfeld vergammelt. Und noch mal: Die 400.000 Euro für die Bänke hätten nicht anderswo investiert werden können, weil es hier um Städtebau geht – und nicht um Kitas & Co.
Passend zu der ganzen Stimmung tutet natürlich jetzt auch noch der Bund der Steuerzahler (von dem man halten kann, was man will) ins wohlfeile „Verschwendungsalarm-Horn“.
Anders die Wochenzeitung „Die Zeit“. Die hat in ihrer Serie „Die Pflichtverteidigung“ (vielen Dank an einen Leser für den Link!) unter der Überschrift „Sitzen ist Gold“ auch über unsere „goldenen“ Bänke berichtet. Da schreibt „Zeit“-Autorin Lea Marlen Balzer beispielsweise dem Steuerzahler-Bund ins Stammbuch: „Genauso gut ließe sich argumentieren, dass die Steuern verschwendet wurden, die aufgrund einer fehlenden Erbschaftssteuerreform gar nicht erst eingetrieben worden sind.“ Und sie liefert einen Aspekt, der mir besonders gefällt: Hätte nämlich München oder Berlin solche Bänke aufgestellt, wäre kein einziger Medien- oder Leserbrief-Reissack umgefallen.
Das passt zu etwas, das mich als jemanden, der Wuppertal gern hat, immer wieder unter die Decke treibt: Dass so viele Menschen dieser Stadt automatisierte Selbstverzwergung betreiben. Dass man sofort Zeter und Mordio schreit, wenn etwas anders aussieht als hier beispielsweise der übliche Einheitsbrei der Stadtmöblierung.
Das Wuppertaler Reaktionsmuster lautet: „Kennen wir nicht. Verstehen wir nicht. Wollen wir nicht. Ist zu teuer.“ So bekommt man natürlich alles kaputt.
Seltsamerweise aber sitzen auf den schlimmen Bänken, sobald das Wetter danach ist, immer mehr Leute. Na, die trauen sich was!