Kommentar: Gehwegparker unter Druck Das gibt mächtig Ärger!

Wuppertal · Thema Gehwegparken: Auf dem Ölberg, in der Nordstadt, in der Südstadt und Teilen von Unterbarmen brennt der Baum. Von dort jedenfalls haben uns Leserbriefe und wütende Anrufe erreicht. Anderswo wird es nicht anders sein. Wenn auch dort die städtischen Knöllchenschreiber ankommen, um dem neuen bundesweiten Bußgeldkatalog Rechnung zu tragen.

Aktion im November 2021 gegen Gehwegparken in der Nordstadt (Symbolbild).

Foto: C. Wolter

Gehwegparken ist da, wo es per Schild nicht ausdrücklich erlaubt ist, immer schon verboten gewesen. Es wurde aber geduldet – seit Jahrzehnten. Sagen wir es mal ganz ehrlich und ganz deutlich: Anders wäre ein dicht besiedeltes Leben mit Auto in zahlreichen typischen Wuppertaler Stadtteilen auch gar nicht möglich.

Nun allerdings gibt es neue Vorschriften in der Straßenverkehrsordnung (StVO) plus den neuen Bußgeldkatalog, den sich bisher jeder nur in Sachen Raserei & Co. angeschaut hat. Und die Tatsache, dass immer wieder (vor allem in der Nordstadt) Feuerwehr- oder Krankenwagen nicht durch die eng zugestellten Straßen kommen, gibt dem Ganzen noch zusätzlichen Pfeffer.

In dieser Gemengelage steckt erheblicher Sprengstoff. Grundsätzlich galt beispielsweise immer schon, dass auf einem Gehweg genügend Platz sein muss für Fußgänger (auch mit Kinderwagen) oder Rollstuhlfahrer – auch wenn sie einander begegnen. Wuppertal dürfte in vielen Wohngebieten einen Haufen Gehwege haben, die diese Voraussetzung auch ohne parkende Autos schon gar nicht erfüllen.

Aber mal davon abgesehen: Das kurze Parken auf einem Gehweg kostet jetzt nicht mehr 20, sondern 55 Euro. Wer länger als eine Stunde dort steht, muss 70 Euro zahlen. Darüber hinaus und/oder im Wiederholungsfall, der in Wohngebieten quasi der Normalfall ist, drohen Flensburg-Punkte mit allen bekannten Folgen.

Zur Klarstellung: Es ist nicht die Stadt Wuppertal, die das Ganze erfunden hat. Die Kommune setzt aktuelle juristische Veränderungen um. Es lässt sich auch wenig darüber diskutieren, dass geltendes Recht nun einmal geltendes Recht ist.

Das Problem liegt ganz woanders. Und auch hier geht es wieder einmal um das ungeheuer wichtige und immer wieder völlig brachliegende Feld der Kommunikation.

Anfang März hat die Stadt angesichts erster Anti-Gehwegpark-Aktionen in der Nordstadt eine (!) Pressemitteilung veröffentlicht. Die Rundschau hat online und in ihrer Print-Ausgabe vom 4. März auf Seite 6 darüber berichtet.

Eine einzige Pressemitteilung zu einem Thema mit solcher Wirkungstiefe zu veröffentlichen, ist nicht genug. Die Reaktionen fassungsloser Anwohner aus verschiedenen Stadtteilen zeigen das deutlich.

Und es ist ja auch nicht so, dass weder Politik noch Verwaltung in dieser Stadt nichts davon gewusst hätten, dass gerade in Sachen Gehwegparken deutliche Veränderungen ins Haus stehen. Anfang November 2021 (!) habe ich mit der Überschrift „Gehwegparken: Es wird eng auch in Wuppertal“ über eine Sitzung des Verkehrsausschusses berichtet. Dort hatte Jürgen Gerlach, Professor für Straßenverkehrsplanung an der Bergischen Universität, den Kommunalpolitikern die seinerzeit aktuellsten Ergebnisse der deutschlandweiten Verkehrsministerkonferenz vorgestellt. Diese Konferenz hatte folgenden Beschluss gefasst: „Das Parken auf Gehwegen darf nur zugelassen werden, wenn eine Gehwegbreite von mindestens 1,80 Metern bleibt.“

Verkehrsplaner Gerlach sagte den Mitgliedern des Verkehrsausschusses damals: „Hier muss in Wuppertal fast alles auf den Prüfstand. Das Thema Parken wird ganz neu geordnet werden müssen.“

Mein Artikel vom November 2021 endet so: „Uni-Professor Jürgen Gerlach machte deutlich, dass die Zukunft in Quartiersparkhäusern und dem Außerhalb-Parken liegen müsse. Als zumutbar gelten nach Auffassung der Verkehrsministerkonferenz 400 Meter Fußweg zu einem Parkplatz sowie 1.000 Meter zu einem Parkhaus.“

Und jetzt wird es interessant: Wo in der Nordstadt, der Südstadt, auf dem Rott oder vielen anderen Bereichen befindet sich ein 400 Meter entfernter Parkplatz oder ein 1.000 Meter entferntes (Quartiers-)Parkhaus? Die unbedingt notwendige Errichtung von Quartiersparkhäusern und anderen Abstellmöglichkeiten für Autos in eng bebauten Wohngebieten kennen ALLE Politiker seit Jahren. Umgesetzt worden ist nichts. Während am Kasinogarten unterhalb der Nordstadt ein komplettes Parkhaus leersteht, weil kein Betreiber dafür gefunden wird.

Warum betreibt die Stadt es nicht selbst? Und sollte sich die Stadt wie angekündigt per Vorkaufsrecht das Gelände jenseits von Utopiastadt sichern, wird sie es dann für ein Quartiersparkhaus fürs Mirker Viertel nutzen?

Das Auto wird noch Jahrzehnte ein unverzichtbarer Teil von (auch beruflicher) Mobilität sein. Zumal wenn man, wie in Wuppertal, von flächendeckendem ÖPNV weit entfernt ist.

Über die Inhalte der neuen Gehwegpark-Regeln und deren Folgen hätte die Stadt (und die politischen Parteien, die hier Verantwortung tragen, übrigens auch) zahlreiche große Veranstaltungen in den Quartieren plus eine große Presse-Info-Kampagne durchführen müssen.

Einfach Fakten zu schaffen und damit den Menschen zu sagen „Schaut, wie ihr jetzt zurechtkommt“, ist übler Kommunikationsstil.

So entsteht kein Vertrauen. Sondern genau das Gegenteil.