Freie Wohlfahrtspflege im Bergischen „Genauso bedeutend wie die Auto-Industrie“
Wuppertal · Welchen Mehrwert hat die Freie Wohlfahrtspflege im Bergischen Land? Dieser Frage gingen Forschende der Bergischen Universität nach. Ein Ergebnis: Jeder Euro, der in Kindertagesstätten im Bergischen Land investiert wird, verfünf- bis versiebenfacht sich mit der Zeit und kommt der regionalen Wirtschaft zugute.
Die Studie hatte das Ziel, den gesellschaftlichen Mehrwert der Wohlfahrtspflege im Bergischen Städtedreieck durch eine Analyse ihrer wirtschaftlichen und sozialen Effekte messbar zu machen. Mithilfe von Befragungen, Interviews und Datenanalysen wurde untersucht, wie die Wohlfahrtspflege als Arbeitgeber und Dienstleister zur regionalen Wirtschaft und Gesellschaft beiträgt.
Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (AGFW) gehören im Bereich der „Sozialen Dienstleistungen“ zu den größten Arbeitgebern der Region. Über 88 Prozent der Beschäftigten in sozialen Einrichtungen in Wuppertal und knapp 57 Prozent in Solingen arbeiten laut der Studie in der Freien Wohlfahrtspflege. Mit Gehältern und Sozialabgaben von rund 388 Millionen Euro in Wuppertal und 190 Millionen Euro in Solingen trägt die AGFW erheblich zur regionalen Wirtschaft bei.
Diese Ausgaben wirken sich volkswirtschaftlich doppelt positiv aus: Sie fließen direkt als Einkommen an die Beschäftigten und indirekt über Steuern und Sozialversicherungsbeiträge zurück in den regionalen Wirtschaftskreislauf. Ein wesentlicher Teil des Einkommens der Arbeitnehmer fließt zudem in Form von Konsumausgaben in die Region zurück, da die Mehrheit der Beschäftigten aus der Region selbst sowie aus angrenzenden Gemeinden stammt.
Um diesen gesellschaftlichen Mehrwert der sozialen Leistungen der Wohlfahrtspflege messbar zu machen, wurden in der Studie exemplarisch Kindertagesstätten untersucht. „Dieses Beispiel verdeutlicht, wie die in der Studie dargestellte Wirkungsmessung helfen kann, über eine rein kostenorientierte Betrachtung hinauszugehen“, betont Studienleiter Dr. Markus Doumet. Weiter: „Die Studie zeigt, dass die Wohlfahrtspflege als Arbeitgeber genauso bedeutend ist wie die Automobilindustrie. Und wirtschaftlich daher genauso relevant.“
Langfristig entstehen gesellschaftliche Vorteile durch bessere Bildungs- und Einkommenschancen sowie höhere Einkommen. Besonders die Kombination aus Einkommens- und Bildungseffekten unterstreicht den gesellschaftlichen Mehrwert: Laut Analyse generiert jeder in Kindertagesstätten im Bergischen Städtedreieck investierte Euro einen Nutzen von 4,60 bis 6,60 Euro, der weit über die reinen Betriebskosten hinausgeht.
Dr. Thorsten Böth, Geschäftsführer der DRK-Kreisverbände Wuppertal und Solingen, betont: „Die Ergebnisse der Studie unterstreichen die zentrale Bedeutung unserer sozialen Dienstleistungen für die Bevölkerung, aber auch für die regionale Wirtschaft. Mit unserer Arbeit sind wir ein Jobmotor und ein wesentlicher Faktor, der zur sozialen Stabilität und wirtschaftlichen Weiterentwicklung im Bergischen Städtedreieck maßgeblich beiträgt.“
Lutz Middelberg vom Paritätischen Wohlfahrtsverband hebt die Notwendigkeit weiterer sozialpolitischer Diskussionen und Forschungen hervor: „Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung zeigen, dass durch Investitionen in die soziale Arbeit, hier am Beispiel der frühkindlichen Bildung, auch aus der ökonomischen Perspektive positive Effekte erzielt werden. Wichtig ist mir, dass auf Grundlage der Befunde sozialpolitische Diskussionen folgen und zu den relevanten gesamtwirtschaftlichen Zusammenhängen und Wirkungen in unterschiedlichen sozialen Feldern weiter geforscht wird.“