Studie der Bergischen Uni Freie Wohlfahrtspflege bringt sozialen und wirtschaftlichen Mehrwert
Wuppertal · Ihre Ergebnisse präsentieren die Forschenden der Bergischen Universität unter der Leitung von Dr. Markus Doumet und Prof. Dr. André Betzer im Rahmen einer Pressekonferenz der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (AGFW) am 14. Januar in den Räumen des Caritasverbands Wuppertal/Solingen.
In seinem Projekt analysierte das Forschungsteam der Uni die volkswirtschaftliche und soziale Bedeutung der Freien Wohlfahrtspflege im Bergischen Städtedreieck. Unterstützung erhielten sie dabei von der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (AGFW).
Frank Gottsmann, Sprecher der Bergischen Wohlfahrtspflege, hebt die Bedeutung der darunter gefassten Organisationen für die Region hervor: „Die bergische Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (kurz AGFW) ist ein fester, gewachsener Bestandteil im Bergischen Land. Bereits seit mehr als 100 Jahren sind wir in der Unterstützung der Menschen im sozialen Leben und in der sozialen Teilhabe tätig. Gewachsen aus der Ehrenamtlichkeit leisten wir den Menschen Unterstützung und Hilfe. Dieser Mehrwert in der Gesellschaft bedeutet auch eine Investition in die Menschen im Bergischen Land. Und als Wohlfahrtspflege ist es uns wichtig, uns als Vertreter der sozialen Anliegen zu zeigen und uns dafür einzusetzen.“
Ziel der Studie
Die Studie hatte das Ziel, den gesellschaftlichen Mehrwert der Freien Wohlfahrtspflege im Bergischen Städtedreieck durch eine Analyse ihrer wirtschaftlichen und sozialen Effekte messbar zu machen. Mithilfe von Befragungen, Interviews und Datenanalysen wurde untersucht, wie die Wohlfahrtspflege als Arbeitgeber und Dienstleister zur regionalen Wirtschaft und Gesellschaft beiträgt.
Dr. Thorsten Böth (Geschäftsführer der DRK-Kreisverbände Wuppertal und Solingen): „Die Ergebnisse der Studie unterstreichen die zentrale Bedeutung unserer sozialen Dienstleistungen für die Bevölkerung, aber auch für die regionale Wirtschaft. Mit unserer Arbeit sind wir ein Jobmotor und ein wesentlicher Faktor, der zur sozialen Stabilität und wirtschaftlichen Weiterentwicklung im Bergischen Städtedreieck maßgeblich beiträgt.“
Die AGFW gehört im Bereich der „Sozialen Dienstleistungen“ zu den größten Arbeitgebern der Region. Über 88 Prozent der Beschäftigten in sozialen Einrichtungen in Wuppertal und knapp 57 Prozent in Solingen arbeiten laut der Studie in der Freien Wohlfahrtspflege. Mit Gehältern und Sozialabgaben von rund 388 Millionen Euro in Wuppertal und 190 Millionen Euro in Solingen trägt die AGFW erheblich zur regionalen Wirtschaft bei.
Diese Ausgaben wirken sich volkswirtschaftlich doppelt positiv aus: Sie fließen direkt als Einkommen an die Beschäftigten und indirekt über Steuern und Sozialversicherungsbeiträge zurück in den regionalen Wirtschaftskreislauf des Bergischen Städtedreiecks. Ein wesentlicher Teil des Einkommens der Arbeitnehmer fließt zudem in Form von Konsumausgaben in die Region zurück, da die Mehrheit der Beschäftigten aus der Region selbst sowie aus angrenzenden Gemeinden stammt.
Kindertagesstätten als Beispiel
Um den gesellschaftlichen Mehrwert der sozialen Leistungen der Freien Wohlfahrtspflege messbar zu machen, wurden in der Studie exemplarisch Kindertagesstätten untersucht. „Dieses Beispiel verdeutlicht, wie die in der Studie dargestellte Wirkungsmessung helfen kann, über eine rein kostenorientierte Betrachtung hinauszugehen“, betont Markus Doumet vom WIFOP. Projektmitarbeiter Marc Herbrand hebt zusätzlich hervor, „dass Kindertagesstätten nicht nur Kindern durch frühkindliche Bildungsangebote zugutekommen, sondern auch Eltern ermöglichen, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen.“
Langfristig entstehen gesellschaftliche Vorteile durch bessere Bildungs- und Einkommenschancen sowie höhere Einkommen. Besonders die Kombination aus Einkommens- und Bildungseffekten unterstreicht den gesellschaftlichen Mehrwert: Laut Analyse generiert jeder investierte Euro in Kindertagesstätten im Bergischen Städtedreieck einen Nutzen von 4,60 bis 6,60 Euro, der weit über die reinen Betriebskosten hinausgeht.
Professor Betzer sieht durch die Studie die Hypothese bestätigt, dass „Wohlfahrtsleistungen weit über ihre direkten Kosten hinaus einen erheblichen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Mehrwert erzeugen.“ Investitionen in soziale Dienste wie frühkindliche Bildung, Integrationsmaßnahmen oder die Unterstützung benachteiligter Gruppen tragen langfristig zur wirtschaftlichen Stabilität und sozialen Entwicklung einer Region bei. Sie stärken den sozialen Zusammenhalt und erhöhen die wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit auf kommunaler Ebene.
Lutz Middelberg, Geschäftsführer des Paritätischen NRW, Kreisgruppe Wuppertal, und der PariSozial Wuppertal gGmbH, hebt die Notwendigkeit weiterer sozialpolitischer Diskussionen und Forschung hervor: „Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung zeigen, dass durch Investitionen in die soziale Arbeit – hier am Beispiel der frühkindlichen Bildung – auch aus der ökonomischen Perspektive positive Effekte erzielt werden. Wichtig ist mir, dass auf Grundlage der Befunde sozialpolitische Diskussionen folgen und zu den relevanten gesamtwirtschaftlichen Zusammenhängen und Wirkungen in unterschiedlichen sozialen Feldern weiter geforscht wird.“
Für politische Entscheidungsträger bedeutet dies, bei der Planung öffentlicher Mittel den langfristigen Nutzen sozialer Investitionen stärker zu berücksichtigen. Die Ergebnisse der Studie zeigen am Beispiel des Bergischen Städtedreiecks, wie zentral die Freie Wohlfahrtspflege für eine nachhaltige regionale Entwicklung ist – sowohl als sozialer als auch als wirtschaftlich relevanter Akteur.
Thomas Bartsch (Geschäftsführer der Diakonie Wuppertal gGmbH) fasst die Ergebnisse der Studie zusammen: „Das Forschungsprojekt der Bergischen Universität übertrifft deutlich unsere Erwartungen hinsichtlich der Aussagen zur konkreten Wirksamkeit sozialer Dienste in Wuppertal. Es wird insbesondere neben den unbestreitbaren sozialen und wirtschaftlichen Dimensionen des Handelns der Wohlfahrtspflege ein sehr hoher ökonomischer Nutzen der vielfältigen Aktivitäten in der täglichen Begleitung von Menschen aller Altersstufen in Wuppertal am Beispiel der Arbeit der Kindertagesstätten aufgezeigt.“
Und weiter: „Die mannigfaltigen Dienste der Wohlfahrtspflege sichern nicht nur den sozialen Frieden, sondern durch die Wohlfahrtspflege werden auch hohe ökonomische Mehrwerte erzielt. Die Studie sollte zur Pflichtlektüre aller politisch engagierten Menschen in Wuppertal gehören.“
Die Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (AGFW) besteht seit 1950 als ein örtlicher Zusammenschluss der sechs anerkannten Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in der Bundesrepublik Deutschland. Dazu gehören die Arbeiterwohlfahrt, der Caritasverband Wuppertal / Solingen, die Diakonie, das Deutsche Rote Kreuz, der Paritätische Wohlfahrtsverband und der Jüdische Wohlfahrtsverband