Die ökumenische Weihnachtsbotschaft Gott stellt uns die Vertrauensfrage
Wuppertal · Am 16. Dezember stellte Bundeskanzler Scholz im Bundestag die Vertrauensfrage, um den Weg für Neuwahlen und eine neue Regierungsbildung in unserem Land frei zu machen.
Mitten im Advent eine Vertrauensfrage. Das hat schon was. Denn nur acht Tage später wird uns wieder eine Vertrauensfrage gestellt, eine ganz andere und viel grundsätzlichere. Und es ist spannend zu fragen, was die beiden Vertrauensfragen miteinander zu tun bekommen können.
Gott selber stellt uns seine Vertrauensfrage. Alle Jahre wieder an Weihnachten werden wir daran erinnert. Bei einer Vertrauensfrage spielt ja beides eine Rolle: Haben die Gefragten das Vertrauen (noch)? Und ist die Person, die fragt, vertrauenswürdig? Dabei fragt Gott sehr viel mehr an, als ein Bundeskanzler es je könnte.
Er fragt uns, ob wir ihm mit unserem ganzen Leben vertrauen, mit Leib und Seele. Und er verspricht uns, dass wir ihm voll und ganz vertrauen können – ohne Angst vor einem falschen Versprechen.
Dies versprechen Politikerinnen und Politiker zumeist auch: Dass wir ihnen vertrauen können, dass sie ihre Wahlversprechen einlösen werden. Das ist erstmal eine Aussage, und man mag sie der einen mehr glauben als dem anderen. Eine Bürgschaft dafür haben wir freilich nicht. Das ist ein entscheidender Unterschied zu der Vertrauensfrage, die Gott uns stellt.
Genau das feiern Christinnen und Christen am Weihnachtsfest: Gottes Bürgschaft für seine Vertrauenswürdigkeit liegt vor über 2.000 Jahren in einer Futterkrippe in einem Stall in Bethlehem. Ein kleines Kind, mitten in eine Zeit der Unterdrückung hineingeboren, in eine Zeit der Gewalt und der Angst wie auch der Sehnsucht: Jesus. Und da singen Engel in der Nacht auf den Feldern vor Bethlehem erstaunten Schafhirten ein Lied, das in diesem neugeborenen Kind Gott selbst zu finden ist.
Der große Gott kommt zu uns in einem kleinen Kind. Von Geburt an teilt Jesus das verletzliche und bedrohte menschliche Leben bis in seinen gewaltsamen Tod. Eine intensivere Bürgschaft kann es nicht geben.
So verbürgt sich Gott mit seinem ganzen Selbst dafür, dass am Ende Frieden auf Erden werden soll und seine Liebe siegen wird. Und er fragt uns, ob wir ihm dafür unser Vertrauen schenken wollen, auch wenn so vieles in der Welt dagegenspricht.
Politikerinnen und Politiker, wir alle, sind nicht Jesus. Unsere Liebe und Wahrhaftigkeit sind nicht selten brüchig – auch in der Kirche. Doch es hätte etwas, wenn wir uns von der weihnachtlichen Vertrauensfrage berühren lassen würden. Denn der hier fragt, dem geht es wirklich um mich, um uns. Dafür hat er sich verbürgt. Da findet unser Vertrauen Halt, eine Basis, von der man anders ins Leben gehen kann. Das größte Weihnachtsgeschenk.
Doch auch, wenn jemand anders glaubt: Weihnachten lässt uns etwas von der Macht ahnen, die es hat, etwas von sich selbst zu geben ohne Eigennutz. Diese Macht scheint überall auf, wo es glaubwürdig um die Menschen geht, um nichts anderes, um den Frieden in unserer Gesellschaft, auch wenn dies wenig Beifall findet, auch wenn dafür eigene machtpolitische Interessen zurücktreten müssen.
Diese Macht scheint auf, wenn wir die Frage nach unserem gegenseitigen Vertrauen ganz persönlich zu Hause nicht beantworten durch Abblocken und Schweigen, sondern es wagen, uns zu öffnen, im Zweifelsfall uns zu überwinden und um Verzeihung zu bitten.
Es hätte etwas, wenn wir uns ansprechen lassen von der ganz besonderen weihnachtlichen Vertrauensfrage. Politisch wie persönlich. Es liegt Segen darauf!
Ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest wünschen Ihnen Ihre Ilka Federschmidt, Superintendentin, und Dr. Bruno Kurth, Stadtdechant