Gemeinde Elberfeld-Nord Pfarrer Joachim Hall: O du fröhliche Arbeitszeit

Wuppertal · Für viele Menschen gehört der Gottesdienst an Heiligabend zum Weihnachtsfest. Für Pfarrerinnen und Pfarrer sicher auch – nur gilt es für sie, die Nerven zu behalten, wie Joachim Hall erzählt.

Pfarrer Joachim Hall.

Foto: Joachim Hall

Als Joachim Hall vor rund 20 Jahren Gemeindepfarrer wurde, plagte ihn kurz vor Weihnachten immer wieder ein Traum: „Ich kam zum Heiligabend-Gottesdienst in eine halb leere Kirche und wunderte mich, dass so wenig Menschen da waren. Und dann entdeckte ich auch noch, dass ich meine Tasche mit dem Predigtmanuskript vergessen hatte.“

Der Albtraum schlechthin für einen Pfarrer, denn in keiner Zeit des Jahres sind die Kirchen gewöhnlich so voll wie an Weihnachten. Und selten sind die Erwartungen an einen rundum schönen und ermutigenden Gottesdienst mit einer guten Predigt so hoch. „Auch heute noch stehe ich vor den Weihnachtsgottesdiensten unter einer gewissen Spannung, aber das gehört einfach dazu“, sagt der 48-jährige Pfarrer der Gemeinde Elberfeld-Nord. „Die Albträume des Berufsanfängers habe ich nach all den Jahren nicht mehr.“

Pannen beim Krippenspiel

Dafür hat Joachim Hall schon zu oft erlebt, dass letztlich alles gut gegangen ist, auch wenn es manchmal Pannen gab. „An einem Heiligabend-Gottesdienst stolperte unsere Souffleurin für das Krippenspiel über das Hauptstromkabel und die ganze Kirche wurde dunkel“, erzählt Hall. „Das war ein Schock, denn es dauerte einige Minuten, bis es wieder hell wurde und wir den Gottesdienst fortsetzen konnten. Später haben wir darüber gelacht.“

Alle Jahre wieder stellt Joachim Hall die Krippe an ihren Platz.

Foto: Joachim Hall

Überhaupt seien die Kirchenbesucherinnen und -besucher an Weihnachten oft gnädiger als das Vorbereitungsteam es erwarte, beobachtet der Pfarrer. „Beim Krippenspiel geht ja oft etwas schief. Da stürmt noch ein verspäteter Hirte auf die Bühne, Josef vergisst seinen Text oder der Stern von Bethlehem leuchtet plötzlich nicht mehr, weil die Batterie leer ist. Das alles wird mit Humor aufgenommen.“

Weniger Mitglieder, aber volle Kirchen

Wie es wohl wäre, wenn statt Kindern Erwachsene das Krippenspiel aufführten? Joachim Hall würde es gerne mal ausprobieren. Doch noch gibt es genug Kinder in seiner Kirchengemeinde, die unbedingt am Krippenspiel teilnehmen wollen.

Nach wie vor sind die Gottesdienste an Weihnachten in der Auferstehungskirche und im Gemeindezentrum Am Eckbusch, für die Joachim Hall als Pfarrer zuständig ist, sehr gut besucht. Mit rund 500 Gästen ist der Familiengottesdienst auch in Zeiten des Mitgliederschwunds bis auf den letzten Platz gefüllt.

„Als die Gottesdienste in der Corona-Zeit ausfielen, fühlte sich das für mich ganz falsch an“, gibt der Theologe zu. „Ich saß auf dem Sofa und Freunde meinten, es müsse mir doch jetzt richtig gut gehen, weil ich mal Weihnachten wie alle andern feiern könne. Aber das war ganz und gar nicht so.“

Das Privileg der Weihnachtspredigt

Für einen Pfarrer gehöre es einfach dazu, an Weihnachten im Einsatz zu sein, meint der Theologe. „Es ist ein echtes Privileg, so vielen Menschen die gute Botschaft mitzugeben, dass Gott als kleines und verletzliches Kind zu uns gekommen ist. Eine Botschaft, die unser ganzes Leben verändern kann.“

In seinen Predigten bemüht sich Joachim Hall immer, die Weihnachtsgeschichte mit den aktuellen Herausforderungen des jeweiligen Jahres in Verbindung zu bringen und den Gottesdienstbesucherinnen und -besucher Mut zuzusprechen. Denn: „Die Kernbotschaft an Weihnachten ist immer der optimistische Blick in die Welt.“

Die Friedensbotschaft unters Volk bringen

Zu Recht erwarteten die Menschen, dass ihnen angesichts von Kriegen und Leid sowie globalen und privaten Krisen Trost zugesprochen werde, betont Hall. In diesem Jahr wird er sich in seiner Predigt daher ausführlich mit dem Thema Frieden beschäftigen. Er wünscht sich, dass die ganze Atmosphäre in der Kirche davon geprägt ist, „dass Frieden werde“, wie es in der Weihnachtsbotschaft heißt.

Eine Botschaft, die er „alle Jahre wieder“ gerne und mit vollem Einsatz unters Volk bringt. Seine Familie sieht es ihm nach. „Daran sind meine Frau und die beiden Kinder gewöhnt und unterstützen mich sogar dabei.“ Erst nach den Feiertagen, wenn „O du Fröhliche“ ganz verklungen ist, kommt Joachim Hall zur Ruhe. „Dann kann und darf ich so richtig faul sein.“