Fußball-Regionalliga Lion Schweers: Erlösung, Liedgut und die Kirche
Wuppertal · Als Lion Schweers am Freitagabend auf dem Aachener Tivoli in der Nachspielzeit das 2:1 per Kopf für den Fußball-Regionalligisten Wuppertaler SV erzielte, gab es kein Halten mehr – auf dem Platz und auf den Rängen. Dass dem 27-Jähriger Abwehrchef das entscheidende Tor gelang, war indes nicht verwunderlich.
Bereits in der vergangenen Saison hatte Schweers, der bei Standardsituationen meist mit nach vorne geht, achtmal in der Liga getroffen. Nun wieder. War das einstudiert oder vom Ablauf her Zufall? „Wir haben natürlich einige Varianten, die allerdings auch unterschiedlich besetzt sein können“, schmunzelt der gebürtige Dortmunder, ohne zu viel zu verraten. War er vor dem Tor schon immer so gefährlich? „Na ja, in 101 Drittliga-Spielen war es zwei Treffer. Aber es findet ja immer eine Entwicklung statt, etwa mit Blick auf das Anlaufverhalten, das Positionsspiel und das Kopfballspiel.“
Was folgte, war „die pure Freude, auch so etwas wie Erlösung. Es war ja nicht mehr viel Zeit, und dann ging es Schlag auf Schlag“, blickt Schweers zurück. So richtig habe die Mannschaft das Geschehene erst in der Kabine nach der Feier mit den Fans vor dem Gästeblock realisiert: „Auf der Heimfahrt haben wir dann noch ein paar Lieder angestimmt.“
War der Sieg glücklich, verdient oder beides? „Grundsätzlich ist jeder Anfang schwierig. Das galt für Aachen und für uns. Klar, man bereitet sich sechs Wochen vor, aber ein Punktspiel ist dann eben etwas Anderes. Sicher kann man sagen, dass der Sieg glücklich war. Aber das Aachener Tor ist auch durch eine glückliche Situation gefallen, die nicht zu klären war“, meint der WSV-Verteidiger. Und: „Vor unseren Toren hätte Hüseyin Bulut einen Elfmeter bekommen müssen, und Uzelac ist der Ball an die Hand gesprungen, da hätte Charlison Benschop auch einen Elfer kriegen können.“
Vor allem hatte der WSV den Aufstiegsfavoriten vor der Topkulisse von 27.200 Fans im Griff: „Es war insgesamt kein schönes Spiel, aber es ging in der zweiten Halbzeit nur in eine Richtung.“ Auf das Aachener Tor zu.
Lion Schweers begann seine Karriere bei Eintracht Dortmund. Für Preußen Münster bestritt er 96 Drittliga-Spiele, für die Würzburger Kickers fünf. In Würzburg lief er auch einmal in der 2. Liga auf, am 19. Dezember 2020 beim 2:0 gegen Darmstadt 98. Hinzu kommen 61 Regionalliga-Einsätze für den WSV, zu dem er 2021 von den Kickers gewechselt war, und drei für den SV Elversberg. Beim WSV ist er nun Vize-Kapitän, wenngleich nicht wenige sogar damit gerechnet hatten, dass Schweers die Binde bekommt. Sie trägt nun Kevin Pytlik. „Klar hätte ich mich darüber gefreut, aber wir arbeiten als Team zusammen“, hat Schweers, der Sportmanagement studiert und zudem seinen C- und B-Trainerschein macht, mit der Entscheidung absolut kein Problem.
Wie geht es nun weiter? „Das war erst einmal der Start, über den freuen wir uns, auch über die Art und Weise, die natürlich zusammenschweißen kann, wenn man so eine Partie in 90 Minuten plus X dreht. Samstag und Sonntag konnten wir uns auch noch freuen, aber ab Montag gilt die volle Konzentration dem Gladbach-Spiel (Samstag, 5. August 2023, 14 Uhr, IMS Arena Velbert, Anm. der Red.). Wichtig ist, die Kirche im Dorf zu lassen.“
Gegen die Gladbacher U23 wird dann nicht mehr vor 27.300 Fans gespielt, sondern vor maximal 2.800. Mehr passen in die IMS Arena nicht rein. Wie viele Zuschauerinnen und Zuschauer werden kommen? „Ich hoffe, dass es von Spieltag zu Spieltag mehr werden“, sagt er diplomatisch. In Oberhausen sei es zwar auch gut und vor allem erfolgreich (drei Siege in drei Spielen) gewesen, aber es sei für Fans, Sponsoren und Mannschaft besser, dass das Ausweichquartier nun viel näher liege.
Wie groß ist die Hoffnung, dass ab der Saison 2024/25 weitere Drittliga-Spiele auf Schweers Karrierekonto stehen? „Wir haben gezeigt, dass wir als Mannschaft eine gewisse Stärke haben. Es wird nicht einfach und ein langer Weg. Der größte Wunsch wäre, dass wir gemeinsam als Team aufsteigen.“