Besonderes Stück Fußball-Geschichte Als Trautmann am Döppersberg stand
Wuppertal · Der Wuppertaler Gerd Goedecke holte sich 1954 ein Autogramm der Torwart-Legende – das über seine Frau den Weg als Ausstellungsobjekt in das Bonner Haus der Geschichte fand.
Er gilt als einer der größten Torhüter, die der deutsche Fußball hervorgebracht hat. Und das, ohne auch nur ein Spiel für die Nationalmannschaft absolviert zu haben. Bert Trautmann, der als deutscher Kriegsgefangener in England landete, dort blieb und nach 1949 bei Manchester City zum Publikumsliebling und zur Legende wurde. Als der Keeper, der mit gebrochenem Genick ein Pokalfinale gewann, ging er in die Fußball-Annalen ein. Ein klitzekleines Kapitel seiner Karriere spielte auch in Wuppertal. Daran erinnert jetzt Ursel Goedecke.
Die 82-Jährige hatte in der Wuppertaler Rundschau den Artikel über den „Barmer Kiosk, der ins Haus der Geschichte zieht“ gelesen. Darin ist auch von anderen Wuppertaler Exponaten im Bonner Museum die Rede – unter anderem von einem Autogramm Trautmanns, der mit Vornamen eigentlich Bernd hieß, aus einem Wuppertaler Hotel, wie Manfred Wichmann, Sammlungsdirektor der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik, es beschrieben hatte. „Und das stammt von meinem Mann“, erzählt Goedecke die Anekdote, die sich vor fast 70 Jahren abgespielt hat.
Gerd Goedecke, der vor ein paar Jahren verstorben ist, habe sich das Autogramm als Schuljunge geholt. „Trautmann stand damals, so hat mein Mann sich erinnert, an der Schwebebahnhaltestelle Döppersberg in der Nähe des alten Hotels Kaiserhof.“ Ihr Mann habe den berühmten Keeper direkt erkannt und angesprochen. „Leider hatte der aber gar keine eigenen Autogrammkarten, weshalb er dann ins Schulbuch meines Mannes unterschrieb.“ Die Seite habe dann jahrzehntelang „bei uns in der Schublade gelegen“.
Als Ursel Goedecke im Jahr 2019 dann im Bonner Haus der Geschichte eine Ausstellung besucht hatte, erinnerte sie sich wieder daran. Denn die Schau drehte sich um das deutsch-britische Verhältnis. „Und unter anderem auch um Fußball“, schmunzelt die Wuppertalerin. Was hätte da besser gepasst, als ein Autogramm des Fußballers, der, wie viele Zeitzeugen rückblickend sagen, so viel für die deutsch-britischen Beziehungen geleistet hat? „Ich habe es dem Museum angeboten und die waren begeistert“, sagt Ursel Goedecke.
Wann ihr Mann sich die Unterschrift geholt hat, das wisse sie aber gar nicht genau. „Irgendwann in den 1950er Jahren muss das gewesen sein.“ Aufklärung leisten kann hier vor allem Fotograf Otto Krschak, der so ziemlich alles zur Wuppertaler Fußball-Historie gesammelt hat – und natürlich auch Infomaterial zum Gastspiel von Manchester City in der Schwebebahnstadt sein Eigen nennt. Am 19. Mai 1954, also dem Jahr, in dem Deutschland später Weltmeister werden sollte, und zwei Jahre vor dem legendären Genickbruch-Spiel Trautmanns, war Anstoß im Stadion am Zoo gegen eine „Wuppertaler Stadtmannschaft“. Die bestand vor allem aus Akteuren des SSV 04 Wuppertal und der TSG Vohwinkel 80, die bekanntlich kurze Zeit später zum Wuppertaler SV fusionierten.
Für die Engländer, die natürlich auch im Rathaus empfangen worden waren, war es der letzte Auftritt im Rahmen einer Deutschland-Stippvisite mit insgesamt fünf Partien, unter anderem gegen Bayern München. In Wuppertal, das lassen die damaligen Spielberichte der heimischen Presse vermuten, ging es ziemlich zur Sache. Clever, aber nicht immer fair und selbst für englische Verhältnisse hart seien die Gäste, die am Ende mit 2:0 (2:0) siegten, zu Werke gegangen. Eine Überschrift lautete: „Manchester diktierte mit übertriebener Härte“. Die Wuppertaler hätten sich dafür ordentlich verkauft, an Trautmann habe es aber kein Vorbeikommen gegeben. Dass der Keeper als fast unbezwingbar galt, verdeutlichte auch eine Karikatur, in der Trautmann – bekannt für seine immense Sprungkraft – einen Ball aus der Schwebebahn fischt.
Dass auf der Wikipedia-Seite des Wuppertaler SV übrigens etwas von einem 2:1-Sieg einer Wuppertaler Auswahl in einem (nicht datierten) „Privatspiel“ gegen Manchester City zu lesen ist, „muss ein Fehler sein“, sagt Otto Krschak. „Ich bin sehr sicher, dass Manchester nur einmal in Wuppertal gespielt hat.“
Ursel Goedecke freut sich jedenfalls, dass das Autogramm einen guten Platz gefunden hat. „Wer weiß, wo es später gelandet wäre. Und mein Mann wäre sicher auch stolz darauf gewesen.“