Zehntgemeinschaft Pfarrer Fuchs und die Seelsorge zur Sommerzeit

Wuppertal / Jerichow · In den Sommerferien gibt der pensionierte Wuppertaler Pfarrer Thomas Fuchs seinen „Zehnten“: Er hilft in der Klosterkirche im ostdeutschen Jerichow aus.

Pfarrer Thomas Fuchs in der Klosterkirche in Jerichow.

Foto: Thomas Fuchs

Thomas Fuchs staunte nicht schlecht, als zu seinem Mittagsgebet in der Klosterkirche in Jerichow in Sachsen-Anhalt ein Paar in festlicher Hochzeitskleidung erschien. „Sie hatten gerade standesamtlich geheiratet und fragten nun, ob sie sich ein Lied wünschen und einen Segen erhalten könnten“, erzählt der 76-jährige Theologe. Am Abend zuvor hatte der Pfarrer das Paar als Touristen kennengelernt – wie so viele Besucherinnen und Besucher der Klosterkirche, in denen er zwei Wochen lang einen Präsenzdienst für die Evangelische Zehntgemeinschaft übernommen hat.

Die Gemeinschaft besteht aus knapp 60 pensionierten Pfarrerinnen und Pfarrern, von denen etwa 40 ihren Sommer in ostdeutschen Kirchengemeinden verbringen oder den Präsenzdienst in Jerichow übernehmen, wo die Gemeinschaft ihren Sitz hat. „Wir geben unseren Zehnten in Form von Zeit“, erklärt Thomas Fuchs. „Unsere ostdeutschen Geschwister müssen oft zwölf oder mehr Gemeinden versorgen. Sie sind so dünn besetzt, dass es kaum möglich ist, Vertretungen in der Urlaubszeit zu organisieren und da helfen wir aus.“

Gebete, Lesungen, Seelsorge

Thomas Fuchs, der 18 Jahre lang als Pfarrer in Unterbarmen tätig war und danach gerne Dienste in Italien oder Schottland übernommen hat, entschied sich im letzten Sommer, der Zehntgemeinschaft auszuhelfen. Schon damals wohnte er für zwei Wochen in der Dienstwohnung im Gemeindehaus der örtlichen Kirchengemeinde. Der Präsenzdienst findet in der Kirche des 1144 gegründeten Klosters statt, in dem schon lange keine Mönche mehr leben.

Thomas Fuchs ist auch gerne auf dem Klostergelände unterwegs.

Foto: Thomas Fuchs

Die doppeltürmige große Kirche und das Klostergebäude gehören zur Kulturstiftung Sachsen-Anhalt. Hier ist ein Museum untergebracht. Es finden regelmäßig Führungen für Durchreisende statt.

Der Sommerdienst in Jerichow sei neben den Aushilfen in den Dörfern noch einmal etwas Besonderes, berichtet Thomas Fuchs. Jeweils zwei pensionierte Pfarrer oder Pfarrerinnen bieten von Juni bis September in der Klosterkirche Mittags- und Abendgebete an. Zudem steht einer der Beiden immer für Gespräche bereit. Auch in den Gottesdiensten, die die örtliche evangelische Kirchengemeinde hier jeden Sonntag anbietet, wirken sie mit.

Ein Kloster der Stille und Erhabenheit

Thomas Fuchs liebt die Stille und Erhabenheit des Klosters, wie er betont. Das altehrwürdige Stift des Ordens der Prämonstratenser wurde in der Spätromanik aus Backsteinen gefertigt und gilt als das älteste seiner Art östlich der Elbe. Es liegt an der Straße der Romanik und wird jährlich von etwa 30.000 Menschen besucht.

Nicht immer gelingt es, die Besucherinnen und Besucher auch zur Andacht einzuladen. "Manche kommen nur kurz rein, schauen und gehen wieder", erzählt Fuchs. Aber es gibt auch zahlreiche interessante und schöne Begegnungen, wie die mit dem Paar, das im Mittagsgebet um einen Ehesegen bat. Die Morgenandacht beginnt schon um acht Uhr und wird in der Regel von Menschen aus der Kirchengemeinde Jerichow gestaltet. Rund zehn Dörfer gehören zur Gemeinde, die nur aus ein paar hundert Mitgliedern besteht.

Kleine Kirchen, weite Landschaften

Eine Kirche mit weniger Menschen, weniger Geld und weniger Pfarrpersonal, aber größeren Einzugsbereichen: In den Ostkirchen sei schon lange Realität, was den Kirchen im Westen noch bevorstehen könne, sagt Thomas Fuchs. Daher fragt er gerne danach, wie sich Gemeindearbeit unter diesen Bedingungen gestalten lässt.

„Die Pfarrerin ist eine engagierte, junge Frau, die viel unterwegs ist, um ihre Gemeindeglieder zu erreichen“, beobachtet der pensionierte Theologe. Ihre Besuche kündige sie per Newsletter oder über andere digitale Kanäle an. Das Gemeindeleben finde meist in kleineren Gruppen und an verschiedenen Orten statt. Ein Highlight sei in diesem Sommer ein großes Tauffest des Kirchenkreises Stendal gewesen, zu dem rund 500 Menschen in Arneburg an der Elbe zusammenkamen. Etwa 40 wurden an oder in der Elbe getauft.

„Ich erlebe hier viele liebenswerte und engagierte Menschen, die sich um einander kümmern“, berichtet Thomas Fuchs. „Viele geben hier ihren Zehnten an Zeit, nicht nur ich.“