Plakataktion richtet sich ans Land Frauenhilfeeinrichtungen schlagen Alarm
Wuppertal · Der Wuppertaler Verein „Frauenberatung + Selbsthilfe“ mit Sitz in der Laurentiusstraße 12 beteiligt sich an einer einwöchigen Plakataktion der Frauenhilfeeinrichtungen in NRW. Damit wollen sie das Land auf die finanzielle Lage aufmerksam machen.
„Auch wir sind lediglich zu 82 Prozent finanziert. Die Restkosten müssen durch kommunale Mittel, Spenden, Projektanträge, Sponsorinnen und Sponsoren, Vorträge, Gruppen und Fortbildungen gedeckt werden“, so die Wuppertaler Einrichtung.
Der Wortlaut des gemeinsamen Textes: „Alle rund 90 Mitgliedseinrichtungen der Landesvertretungen für die autonomen Frauenhäuser, Frauenberatungsstellen und Frauen-Notrufe in NRW unterstützen von Gewalt betroffene Frauen und Mädchen. Der Bedarf nach Unterbringung, Beratung und Begleitung der Betroffenen steigt jährlich und stetig an.
Die von der Politik des Landes gefassten Beschlüsse zur finanziellen Unterstützung dieser Hilfsangebote für 2024 bis 2027 decken dabei nur einen Teil der tatsächlichen Kosten. Den immer größer werdenden ,Rest‘ zur existenziellen Absicherung der Einrichtungen müssen die gemeinnützigen Trägervereine selbst beschaffen – durch Spenden, Projektanträge oder Verhandlungen mit anderen, beispielsweise kommunalen, Fördergebern/Fördergeberinnen. Wobei es keine gesetzliche Verpflichtung zur Finanzierung für die Hilfen gibt!
Bereits im Sommer 2023 hatten sich die Einrichtungen mit Eilbriefen und Stellungnahmen an die Politik und das Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes NRW gewandt. Die Kostensteigerungen und vor allem Tariferhöhungen für die beschäftigten Fachkräfte in den Einrichtungen lassen keinerlei Spielraum mehr zu. Die größtenteils ehrenamtlichen Vorstände übernehmen immer höhere Belastungen und gehen Risiken ein – für eine Aufgabe, für die Staat und Gesellschaft aus Sicht aller Akteurinnen zumindest die finanzielle Sicherheit liefern müssten!
Schon jetzt gibt es einzelne Einrichtungen, die als Konsequenz der mangelhaften Finanzierung Beratungsstunden abbauen oder sogar Personalstellen streichen müssen. Und es ist absehbar, dass immer größer werdende Defizite nicht ausgeglichen werden können. Sollen sich die Mitarbeiterinnen und ehrenamtlich Aktiven jetzt auf die Suche nach neuen Geldquellen machen? Sollen Sie dafür die Beratungsangebote ruhen lassen?
Oder sollen sie – wie bisher nach dem Leitsatz „Die Unterstützung der Betroffenen hat Vorrang“ weiter beraten, unterbringen und begleiten und damit die Existenz von ganzen Einrichtungen aufs Spiel setzen? In der Konsequenz werden immer mehr gewaltbetroffene Frauen und Mädchen vor verschlossenen Türen stehen.
Die Beraterinnen werden durch diese Konfliktspirale immer weiter belastet: Sie erleben tagtäglich die Not der Betroffenen, die dringend Hilfe brauchen. Sie erleben ihre eigenen Grenzen durch die grundsätzlich fehlenden Personalkapazitäten. Sie erleben dauerhaft die permanente Unsicherheit bis hin zur existenziellen Bedrohung ihres Arbeitsplatzes.
Die Aktiven in den Einrichtungen der Frauenhilfeinfrastruktur in NRW haben über Jahrzehnte ihre Energie und Kräfte dafür eingebracht, dass von Gewalt betroffene Frauen und Mädchen die ihnen zustehende Hilfe auch erhalten. Ihnen wurde in der Vergangenheit und wird jetzt immer weiter zugemutet und aufgebürdet, Lösungen für gesamtgesellschaftliche Probleme zu finden und gleichzeitig auch noch die Konsequenzen aus Mangel und Überlastung zu tragen.
Dabei werden viele Verantwortliche aus Politik und Gesellschaft nicht müde, die Arbeit von Frauenhäusern, Frauenberatungsstellen und Frauen-Notrufen öffentlich zu würdigen und ihre Bedeutung für alle in NRW lebenden Menschen hervorzuheben. Diese Bedeutung zu sehen bildet aber nur die Basis für Entscheidungen und Handlungen, die folgen müssen.
Sollte die Landesförderung im gesamten Aufgabenbereich zur Unterstützung der von Gewalt betroffenen Frauen und Mädchen in NRW nicht zeitnah, verbindlich und planbar nachgebessert werden, wird die Fraueninfrastruktur landesweit strukturell mit ihren Hilfsangeboten in ihrer Existenz gefährdet! Dieser verheerenden Entwicklung müssen politische Maßnahmen entgegengesetzt werden!
Wir fordern die Politik und das zuständige Ministerium zur Bedenkzeit auf! Jetzt handeln!“