Die ökumenische Osterbotschaft Die hungern nach Gerechtigkeit werden gesättigt

Wuppertal · Die ökumenische Osterbotschaft von Wuppertals Superintendentin Ilka Federschmidt und Stadtdechant Bruno Kurth.

Ilka Federschmidt und Bruno Kurth .

Foto: Daniel Edlauer

„Ich bin ein gläubiger Mensch ... in meinem Umfeld werde ich eher damit aufgezogen, die Leute sind da meist Atheisten, und ich war auch mal einer, sogar ein ziemlich militanter. Aber jetzt bin ich ein gläubiger Mensch, und das hilft mit sehr bei dem, was ich tue. Es macht alles viel einfacher. Ich grüble weniger, ich habe weniger Dilemmas in meinem Leben – denn es gibt da so ein Buch, das mehr oder weniger genau beschreibt, was man in welcher Situation zu tun hat. Es ist natürlich nicht immer einfach, sich daran zu halten, aber ich versuche es im Großen und Ganzen. Und deshalb fällt es mir wohl leichter als vielen anderen, in Russland Politik zu machen.“ So Alexej Nawalny, der russische Menschenrechtler und Politiker, am 20. Februar 2021 in einer der vielen Reden, die er vor russischen Gerichten gehalten hat.

„Einfach“ hat er es sich nicht gemacht. Mit seinem Mut, seiner Klarheit und Unbeugsamkeit hat er die Welt beeindruckt. Für seinen gewaltlosen Kampf für Freiheit und Gerechtigkeit, für ein Leben ohne Lügen hat er sein Leben riskiert und wurde getötet. Sein Glaubensbekenntnis überrascht. Das „Buch“, von dem er spricht, ist die Bibel. Nawalny beruft sich direkt auf die Bergpredigt Jesu: „Selig sind, die da hungert und dürstet nach Gerechtigkeit, denn sie sollen satt werden“ (Matthäus 5,6).

Die Sehnsucht Jesu nach Frieden, sein Hunger nach Gerechtigkeit war auch die Nawalnys; ist sie auch unsere? Wird der Hunger nach Gerechtigkeit wirklich gesättigt? Gibt es Rettung? Dem Pessimismus soll nicht das Wort geredet werden, aber realistisch sollten wir bleiben. Es steht in unserer Welt vielerorts nicht gut um Gerechtigkeit, um die Achtung der Menschenwürde und um den verheißenen Frieden. Grund genug zum Verzweifeln oder Resignieren, was verständlich sein mag, aber nur denen hilft, die keinen Wandel wollen und von den Verhältnissen profitieren.

Es ist ein Drama in dieser Welt zwischen Unrecht und Recht, Lüge und Wahrhaftigkeit, Liebe und Hass wie Ichsucht, Schuld und Vergebung, Friede und Gewalt, Tod und Leben. Und dieses Drama spielt sich ja nicht nur in der Welt um uns herum ab, sondern wir stecken mit drin, mitunter spielt es sich in den widerstreitenden Kräften und Dynamiken in einem selbst ab. Jesus setzte sich diesem Drama aus. Auch sein Todesurteil war Folge von Intrige, Machtbesessenheit und politischem Kalkül. Am Karfreitag hat die Christenheit seines Todes in Gottesdiensten und Prozessionen gedacht.

Jesus nahm im Glauben an Gott den Tod auf sich. Der wird den Hunger nach Gerechtigkeit sättigen. Er wird, so verkündete schon lange vor Jesus der Prophet Jesaja, den zerschlagenen Knecht retten. Diese Verheißung gibt Hoffnung und Kraft in scheinbar auswegloser Lage. Solche Hoffnung ist aber kein mentales Konstrukt, keine psychologische Selbsthilfe zur Überwindung von Ausweglosigkeiten. Sie hat einen Grund. Wir feiern ihn Ostern: Im Drama dieser Welt ist Ostern der neue und überraschende Akt. Gott lässt seinen Sohn, den Gerechten, nicht im Tod. Gott hat Christus auferweckt, so das älteste Osterzeugnis.

Der gewaltlose Kampf von Alexej Nawalny, sein Leben und sein Bekenntnis selbst ist in diesem Jahr zum Zeugnis österlichen Glaubens geworden. Es ragt heraus aus einer gewaltigen unzählbar großen Schar von Zeuginnen und Zeugen österlichen Glaubens.

Zu ihr zählen diejenigen, die wegen ihres Glaubens oder ihres Einsatzes für die Menschenwürde verfolgt werden. Zu ihr zählen aber auch Pflegekräfte, die im Alltag eines Pflegeheims in Liebe und Geduld für andere da sind und dabei nicht abstumpfen. Zu ihr zählen in unserer Stadt und anderswo Menschen, die jungen Menschen in schwierigsten Lebensbedingungen neue Perspektiven und Zukunft eröffnen und, und, und ...

Wir feiern Ostern in ernsten Zeiten. Tod und Auferstehung Jesu weisen über diese Welt hinaus in ein neues ewiges Leben. Und weisen zugleich in diese Welt und in unser Leben hinein. Wir können unser Leben und Sterben damit verbinden, wenn wir glauben und hoffen. „Die hungern nach Gerechtigkeit werden gesättigt werden.“ Die Ostermahle werden einmal vollendet werden, beim ewigen Ostermahl – mit der Auferstehung Jesu hat es begonnen!

Wir wünschen Ihnen frohe und die Hoffnung stärkende Ostern.

Superintendentin Ilka Federschmidt
und Stadtdechant Bruno Kurth