Mögliche Bebauungen Diskussion um die Marpe: „Sorgsam verwerten“

Wuppertal · Die Pläne der Wuppertaler IDEE-Projektentwicklungsgesellschaft für Wohnbebauung auf den Marper Wiesen südlich der Adolf-Vorwerk-Straße haben hohe Wellen geschlagen. Das Vorhaben ist aber nur ein Teil der Bemühungen von Geschäftsführer Hürsehit Kürekli, das riesige Grundstückserbe der Vorwerk & Sohn-Unternehmernachfahren sinnvoll zu verwerten. Die Rundschau umreißt die aktuelle Lage, die sich im Hinblick auf die umstrittene Bebauungsoption offenbar verändern könnte.

Die Marper Wiesen unterhalb des Toelleturms sind Teil des 2023 von der Wuppertaler IDEE-Projektentwicklungsgesellschaft übernommenen Grundstücksbesitzes der Erben der Vorwerk & Sohn-Dynastie.

Foto: Klaus-Günther Conrads

Im Fokus der Diskussion steht das rund 180.000 Quadratmeter große Areal am Siedlungsrand zur Marpe südlich der Adolf-Vorwerk-Straße. Die grünen Wiesen bieten vom Toelleturm-Viertel aus einen idyllischen Blick in die unverbaute, kleinbäuerliche Kulturlandschaft, wie man ihn ansonsten aus dem Gebirge kennt. Es war Adolf Vorwerk, der die Nutzungsmöglichkeiten hier in „Hochbarmen“ früh erkannte, ein Zweigwerk von Vorwerk & Sohn auf dem Lichtenplatz errichtete und weite Ländereien bis ins Gelpetal erwarb.

Adolfs Sohn Wilhelm übernahm nach dem Zweiten Weltkrieg den Vorsitz des von seinem Vater mit begründeten Barmer Verschönerungsvereins und machte die Barmer Anlagen nach den Zerstörungen wieder nutzbar. Er hinterließ testamentarisch einen bemerkenswerten Auftrag an seine Erben: Die Grundstücke südlich und östlich der Adolf-Vorwerk-Straße und die Grundstücke unmittelbar um den Toelleturm sollten nicht verkauft werden und möglichst als Einheit erhalten bleiben.

Diese Haltung lebte die nächste Generation in Person von Max-Jörg Vorwerk weiter, der zudem den Vorwerk-Park neben dem Wiesengelände für die Öffentlichkeit zugänglich machte. Nach seinem Tod im Jahr 2015 veränderte sich der Blick auf die Immobilien aber offenkundig: Mehrere Familienzweige, nicht in Wuppertal wohnend und ohne Bezug zur Stadt, verkauften den Familien-Grundstücksbesitz 2023 an die IDEE-Projektentwicklungsgesellschaft, deren Geschäftsführer Hürsehit Kürekli sich seit mehr als zehn Jahren mit den Flächen beschäftigt. Die bestehen nicht nur aus den Marper Wiesen, sondern aus vielen weiteren Grundstücken im Umfeld sowie der Böhler Wiese jenseits des Toelleturms zwischen Ronsdorfer Straße und Freudenberg.

Auf Letzterer sind rund 190 Wohneinheiten geplant. „Wir stehen dazu in Verhandlungen mit drei überregionalen Wohnungsbauunternehmen. Das ist eine Größenordnung, die kein Wuppertaler Träger stemmen könnte“, so Kürekli zur Rundschau über den Stand der Entwicklung an dieser Stelle, die nichts mit den Vorhaben südlich des Toelleturms zu tun hat.

Die Marper Wiesen waren unterdessen wieder in den Blickpunkt gerückt, weil beim Immobilientag der Sparkasse Anfang März Grundstückangebote der IDEE-Projektentwicklungsgesellschaft präsentiert wurden, die auf Plänen für eine großflächige Bebauung des Areals mit Ein- und Mehrfamilienhäusern beruhten. 173.000 Quadratmeter Fläche südlich der Adolf-Vorwerk-Straße sind darin in mehrere Baureihen mit 59 Parzellen aufgeteilt. Der Entwurf stützt sich darauf, dass die Fläche seit 2019 im Regionalplan des Landes als „Allgemeiner Siedlungsbereich“ ausgewiesen ist.

Um diese Einstufung hatte es seinerzeit eine heftig geführte öffentliche Diskussion gegeben: Die Gegner formierten sich in der Bürgerinitiative „Marpe für alle“ um Regine Ahrem und Waltraud Rinke, die das Gelände dauerhaft als Grünfläche erhalten will. Im Ergebnis bekräftigten Stadtverwaltung und Stadtrat, der für Bebauungen vor Ort letztlich entscheidungsbefugt ist, 2019 unabhängig von der Ausweisung im Regionalplan ihren Willen, das Areal nicht anzutasten.

Jetzt ist das Thema wieder auf den Tisch gekommen – und nach Darstellung von Hürsehit Kürekli deutlich komplexer als bisher öffentlich dargestellt. Insgesamt habe er von den Vorwerk-Erben nämlich rund 500.000 Quadratmeter ganz unterschiedlicher Grundstücke mit Wiesen, 130.000 Quadratmetern Wald und sonstigen Arealen bis hin zu Bürgersteigen im Bereich südlich des Toelleturms bis zur L418 übernommen. Ihm gehe es jetzt darum, in Abstimmung mit der auf ihren guten Ruf bedachten Verkäuferfamilie diese Flächen „sorgsam zu verwerten“.

Mit Blick auf zwischenzeitlich auch aus dem Wuppertaler Rathaus und der Politik erhobene Vorwürfe, hier würden sich Grundstücksspekulationen vollziehen, betont er gegenüber der Rundschau: „Wir verschenken nichts, aber wir werden durch die Verwertung der Übernahmeflächen nicht reich!“

Dazu sei die Gemengelage der einzelnen Liegenschaften mit einigen wirtschaftlich belastenden Grundstücken viel zu kompliziert. Besonderer Knackpunkt sind laut Kürekli drei Altlastenflächen, deren Sanierung einen siebenstelligen Betrag kosten dürfte. Das müsse durch Erlöse aus anderen Grundstücken kompensiert werden. Vorrangig habe man mit den diversen Pächtern der Erben über die Übertragung ihrer angestammten Flächen verhandelt. Mit einem guten halben Dutzend sei man sich bereits handelseinig, erste Notarverträge sollen im April geschlossen werden.

Auch Nachbarn des Areals hätten Angebote zur Arrondierung ihrer Grundstücke bekommen. Besonderes Augenmerk liege aber auf laufenden Gesprächen mit dem Barmer Verschönerungsverein, die neue Verhältnisse auf den Marper Wiesen schaffen könnten. Dessen Vorsitzender Peter Prange bestätigt das grundsätzliche Interesse an einem großen Teil der im Ursprungsplan für Wohnhäuser vorgesehenen Fläche: „Wir begreifen die Marper Wiesen als natürliche südliche Erweiterung der Barmer Anlagen und würden so unserer Tradition entsprechend das Areal langfristig vor der Bebauung schützen und könnten diese grüne Lunge erhalten.“

Fakt sei aber auch, dass der BVV keinerlei Mittel für derlei Aktivitäten hat. Prange: „Es gibt aber von außen eine ermutigende Spendeninitiative, die wir jüngst auf unsere Mitglieder erweitert haben. Letztlich hoffen wir auf das Engagement zahlreicher Anhänger der Barmer Anlagen und sind dabei auf außergewöhnliches Engagement für diese Jahrhundertchance angewiesen.“

Sollte sich das Interesse konkretisieren, käme für mögliche Wohnbebauung nur noch die Restfläche infrage. Kürekli spricht für diesen Fall von zehn bis 20 Interessenten, die hier als Bauherren-Initiative aktiv werden könnten. Ob es für entsprechende Bauanträge irgendwann eine politische Mehrheit gäbe, ist eine offene Frage, die schon bei der Vorstellung des Gesamtvorhabens auf dem Immobilientag schnell in den Vordergrund rückte.

2019 gab es eine eindeutige Beschlusslage, nach der an dieser Stelle Versiegelung und Überbauung von Natur und Landschaft ausgeschlossen werden. Dies könnte sich bei künftigen Abstimmungen zwar ändern. Aber aktuell haben sich nicht nur der Barmer Bezirksbürgermeister Lücke (CDU), der Bürgerverein Hochbarmen und Oberbürgermeister Uwe Schneidewind, sondern auch die großen Fraktionen im Stadtrat erneut eindeutig gegen die Bebauung positioniert.