25 Jahre Hospizdienst „Den kritischen Blick nicht verlieren“

Wuppertal · Ein öffentlicher Trauerort und viele Verbesserungen im Umgang mit Sterbenden und Trauernden: Katharina Ruth blickt auf 25 Jahre Hospizdienst „Pusteblume“ zurück.

 Katharina Ruth.

Katharina Ruth.

Foto: Sabine Damaschke

Vor fast zwei Jahren hat Katharina Ruth Wuppertals ersten öffentlichen Trauerort an der Nordbahntrasse mit auf den Weg gebracht. Ein Projekt, das der Leiterin des Hospizdienstes „Pusteblume“ wichtig war, um das Thema Sterben, Tod und Trauer in den öffentlichen Raum zu bringen, mitten ins Leben, wo Bewegung und Begegnung stattfindet. Denn das ist ihr ein Anliegen, seit der Hospizdienst vor 25 Jahren gegründet wurde.

„Zu Beginn war die Hospizarbeit rein ehrenamtlich organisiert und es gab auch Gegenwind“, erzählt sie. Mittlerweile sei die Arbeit in den Institutionen angekommen, werde größtenteils über die Krankenkassen finanziert und auch Hauptamtliche würden in dem Bereich arbeiten. „Nach wie vor leisten Ehrenamtliche aber die Kernaufgabe in der ambulanten Hospizarbeit: die Begleitung Sterbender und ihrer An- und Zugehörigen.“ In den 25 Jahren seines Bestehens haben rund 250 ehrenamtlich Mitarbeitende knapp 3.400 Sterbende in den Tod begleitet.

Vor allem aber sind die Fortschritte in der Palliativmedizin und insbesondere der Schmerztherapie sehr groß. „Niemand muss heute noch unter großen Schmerzen sterben“, sagt Katharina Ruth, die auch Hospiz- und Palliativbeauftragte der Diakonischen Altenhilfe ist.

Professionalisierung der Hospizarbeit

„Diese Entwicklung hat zur Professionalisierung der Hospizarbeit beigetragen und darüber sind wir sehr dankbar.“ Dennoch dürfe man sich jetzt nicht zurücklehnen und davon ausgehen, dass alles gut und geregelt sei. „Innerhalb der Hospizbewegung dürfen wir unseren Pioniergeist und vor allem unseren kritischen Blick nicht verlieren“, betont Katharina Ruth.

 Trost und Begegnung für alle möglich machen: Das will der Trauerort mit seiner Baumgruppe, in der im Sommer besonders viele Trauerkarten hängen.

Trost und Begegnung für alle möglich machen: Das will der Trauerort mit seiner Baumgruppe, in der im Sommer besonders viele Trauerkarten hängen.

Foto: Sabine Damaschke

Idealerweise sollte es nämlich ihrer Meinung nach gar keine Hospizdienste geben. „Eigentlich geht es doch immer noch darum, dass jeder Mensch persönlich am Sterbebett begleitet wird und die Hilfe bekommt, die er braucht. Egal, ob ein Mensch im Krankenhaus, Gefängnis, Altenheim oder Zuhause stirbt, egal, ob er ein Geflüchteter ist, ob arm oder reich. Jeder sollte einen Anspruch darauf haben, beim Sterben würdevoll begleitet zu werden.“

Nicht alles an Institutionen delegieren

Das könnten auch Nachbarn, Freunde oder die Familie gut leisten – dafür bräuchte eigentlich niemand einen Hospizdienst, so Ruth. Im Umgang mit Trauernden sei das ganz ähnlich: „Wir brauchen zuallererst einmal Menschen, die nicht die Straßenseite wechseln, wenn ihnen ein trauernder Angehöriger begegnet und sie sich mit der Begegnung überfordert fühlen.“ Es helfe nicht, alle Aufgaben an Institutionen weg zu delegieren. „Damit will ich die Errungenschaften innerhalb der Hospizbewegung nicht etwa kleinreden“, so Ruth. „Mir geht es nur darum, den Blick dafür zu schärfen, dass noch nicht alles getan ist.“

In ländlichen Bereichen und vor allem auch in sozialen Brennpunkten gebe es weiterhin noch kein flächendeckendes Hospiz-Angebot. Außerdem sei die Sterbebegleitung durch Hospizdienste bisher bei vielen Menschen mit Migrationshintergrund noch nicht angekommen. Mit dem ersten öffentlichen Trauerort in Wuppertal sollen auch sie erreicht werden.

„Wir müssen außerdem alles dafür tun, dass Altenheime oder Krankenhäuser gute Orte des Sterbens werden und da geht es vor allem um verbesserte strukturelle Bedingungen“, sagt Katharina Ruth. „Mehr als die Hälfte der Menschen sterben in Krankenhäusern, obwohl das niemand will. Und immer noch haben viele Menschen Angst vor dem Altenheim und glauben, dass der Aufenthalt dort automatisch einen Autonomie- und Würdeverlust bedeutet. Um all diese Themen müssen wir uns weiter kümmern.“

Ehrenamtliche sind Stütze der Hospizarbeit

Weiterhin seien die Ehrenamtlichen die entscheidende Stütze der Hospizarbeit. Darum ist es auch eine wichtige Aufgabe des Hospizdienstes, die Hospiz- und Palliativkultur in der Stadt zu fördern. Mit dem Projekt „NachbarschaftsNetzwerk Südstadt“ will die „Pusteblume“ in ihrer direkten Nachbarschaft Mut machen, für Sterbende und Trauernde da zu sein.

„Wir brauchen eine sorgende Gemeinschaft im Stadtteil, damit Sterben, Tod und Trauer gut gelingen können“, meint die Hospizdienstleiterin. Den gleichen Ansatz verfolge auch der Hospizdienst im Wuppertaler Westen, der sich in Vohwinkel und Sonnborn für eine gute nachbarschaftliche Sterbebegleitung einsetze.