Kreuz-und-Quer-Gespräche Bestattungskultur im Wandel: Was trage ich im Sarg?

Wuppertal · Gestorben wird immer. Aber die Art, wie wir unsere Verstorbenen bestatten, verändert sich. Welche Entwicklungen kann man beschreiben? Welche Bedürfnisse von Angehörigen und Trauernden verbinden sich damit? Welche Rolle spielen Glaube und Kirche dabei? Um die Bestattungskultur im Wandel geht es am Montag (15. Januar 2024) ab 19:30 Uhr bei den Kreuz-und-Quer-Gesprächen im Ev. Gemeindezentrum (Gräfrather Straße 15) in Vohwinkel. Ein Interview mit Pfarrer Holger Pyka.

Pfarrer Holger Pyka.

Foto: Kirchenkreis

Ist Kirche weiterhin der Haupt-Ansprechpartner für Bestattungen oder nimmt die Zahl der Trauerredner, die bei Beerdigungen begleiten, zu?

Pyka: „Für die meisten Menschen, die zur evangelischen Kirche gehören, ist es selbstverständlich, sich auch von einem evangelischen Pfarrer oder einer Pfarrerin bestatten zu lassen. Beerdigungen sind weiterhin die Kasualien (kirchliche Amtshandlungen), die am meisten nachgefragt werden. Das liegt sicherlich auch an der hohen Altersstruktur in den Gemeinden. In meiner Wahrnehmung nehmen aber die Bestattungen, die von freien Rednern durchgeführt werden, durchaus zu. Kirche ist nicht mehr automatisch der Ansprechpartner für Beerdigungen.“

Woran liegt das?

Pyka: „Es gibt einen Trend zur Individualisierung der Beerdigungen: Die Menschen wollen die Trauerfeier mitgestalten mit eigener Musik, mit einem Bild vom Verstorbenen auf dem Grab, oder mit einer Trauerrede oder einem Flötenspiel der Enkelin. Es gibt das Vorurteil, dass Kirche die Trauerfeier nicht so individuell gestaltet wie beispielsweise ein Trauerredner – aber das stimmt in den meisten Fällen nicht.

Gleichzeitig beobachte ich eine andere Entwicklung: Die Zunahme an Bestattungen durch das Ordnungsamt, bei denen niemand dabei ist. Oder aber Angehörige äußern den Wunsch, dass die Trauerfeier möglichst schnell abgewickelt werden soll und möglichst wenig kosten darf.

Ich habe auch schon die Bitte gehört: Machen Sie es nicht zu traurig, damit ich nicht weinen muss. Für mich sind solche Äußerungen Symptom einer Gesellschaft, die nicht gut mit dem Tod umgeht und in der es immer weniger Raum für Trauer gibt. Dahinter steht die falsche Annahme, dass Trauernde nicht gut ,funktionieren‘.

Dabei ist Trauer die normalste und gesündeste Reaktion auf einen Verlust und kein Versagen! Ich bin davon überzeugt, dass es in Kirche und in den Gemeinden ein sehr großes Wissen gibt, wie wir mit dem Tod umgehen können und was bei Trauer helfen kann und im Leben trägt.“

Sie bilden am Predigerseminar aus. Welche Tipps für Beerdigungen geben Sie den jungen Vikarinnen und Vikaren auf den Weg?

Pyka: „Seid präsent, seid aufmerksam, aber überladet die Abläufe nicht. Wenn wir die Sequenzen am Grab üben, merken wir manchmal, dass zu viel Text auch nicht immer sinnvoll ist. Dafür ist es manchmal durchaus notwendig, noch ein zweites Gespräch vor der Bestattung durchzuführen – auch das gebe ich den Vikaren mit auf den Weg.

Ganz wichtig ist es auch, dass sie sich mit ihrer eigenen Sterblichkeit oder Trauererfahrung auseinandersetzen, damit es ihnen nicht am Grab hochkommt. Wer mit dem Tod nicht umgehen kann, ist falsch im Beruf.“

Die Veranstaltung am Montag in Vohwinkel, die Sie gemeinsam mit Frauke Schwarz-Sommer durchführen, ist überschrieben mit dem Titel „Was trage ich im Sarg“. Gibt es dazu eigentlich eine Regel?

Pyka: „Im Grunde kann man das frei wählen. Wenn Angehörige nichts mitgeben wie etwa das Lieblingskleid, dann tragen die Verstorbenen ein Totenhemd. Viele Angehörige wollen außerdem etwas in den Sarg mitgeben. Dahinter steckt die uralte Tradition der Grab-Beigaben und das Bedürfnis der Lebenden, den Toten etwas mit auf den Weg zu geben. Das kann durchaus erleichternd sein.“