Nach Toreschluss - die Wochenendsatire Alle Räder stehen still
Wuppertal · Dass in Wuppertal keine Züge kommen, sind wir dank der umfangreichen Bemühungen der Deutschen Bahn, die Stadt vom Schienennetz abzutrennen, ja schon lange gewöhnt. Jetzt kommt neben diversen Regionalexpressen auch noch der Wuppertaler Rosensonntagszug nicht, was wir ebenfalls schon kennen.
2020 ist er mangels geeigneten Wetters ausgefallen, dieses Jahr wegen Mangel an allem anderen. Immerhin haben die Karnevalisten rechtzeitig vorher Bescheid gesagt. Im Gegensatz zur Deutschen Bahn, die gerne so tut, als würden ihre outgesourceten Subunternehmer-Züge gleich kommen, obwohl sie in Wirklichkeit wegen verspäteter Bereitstellung in Kombination mit defekten Stellwerken, Vorfahrt aller anderen Züge und erst demnächst eingestellten Personal noch ohne Lokomotive irgendwo im äußeren Ruhrgebiet vor einem kaputten Signal stehen.
Die Zuverlässigkeit des Regionalverkehrs führt zu einer Kundenzufriedenheit, die ähnlich hoch ist wie die von Menschen, die auf die Zulassung ihres Neuwagens beim Wuppertaler Straßenverkehrsamt so lange warten müssen, dass die Kiste bis dahin schon wieder zum TÜV muss.
Viel besser läuft das übrigens inzwischen beim Einwohnermeldeamt, wo man jetzt ruckizucki Termine bekommt, um Personalausweise mit hässlichen Fotos drin und ähnlich schöne Dokumente zu beantragen. Teilweise gibt es sogar am selben Tag noch welche. So wie am Donnerstag.
Da freute sich eine Rundschau-Leserin morgens, dass sie nur zwei Stunden später einen kurzfristig aufgetauchten Termin buchen konnte, ließ fix Passfotos machen und stand dann am Steinweg ziemlich versteinert vor einem Schild. Da stand nämlich groß drauf, dass im Einwohnermeldeamt ganztägig gestreikt wird. Das ist ungefähr so, als würde der streikende WSW-Fahrer die Leute erst noch in den Bus einsteigen lassen und dann weglaufen.
Vor dem Streik-Schild standen auch noch zwei restlos begeisterte Frauen, bei denen am selben Morgen noch per Mail nachgefragt worden war, ob sie ihre vereinbarten Termine beim Amt auch einhalten würden. Solche Nachrichten werden natürlich von Robotern verschickt, die im Gegensatz zu gewerkschaftlich organisierten Mitarbeitern des Amtes nicht streiken. Das ist aber nur mäßig tröstend, wenn man sich als nicht streikender Bürger extra freigenommen hat, um einen neuen Pass oder Perso zu beantragen.
Nun hätte man natürlich zumindest auf www.wuppertal.de einen Hinweis darauf veröffentlichen können, dass im Einwohnermeldeamt gestreikt wird. Da standen aber vorgestern nur Meldungen drauf wie die mit der Überschrift „Else kommt zurück nach Wuppertal“, was mich überraschte, weil die Dichterin lange als tot galt. Von Streik im Einwohnermeldeamt stand da aber nichts, was nahe legt, dass entweder auch die Homepage der Stadt bestreikt wurde oder der Übergang zwischen Streik und Normalbetrieb bei der Stadt eher fließend ist ...
Sie kennen ja bestimmt das berühmte Arbeiterkampflied „Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will.“ Für Wuppertal müssten wir hinzufügen: „Dafür bleiben die Bürger dann aber richtig in Bewegung ...“
Bis die Tage!