Nach Toreschluss - die Wochenendsatire Die Stadtkämmer(er)in

Wuppertal · Das Jahr hat kaum angefangen und schon habe ich ein Problem: Ich wollte mich nämlich als Wuppertaler Stadtkämmerer bewerben. Im kein Geld haben und das dann großflächig ausgeben, habe ich immerhin viel Erfahrung. Und mit dem Haushalt komme ich als Hobbykoch auch ganz gut zurecht. Damit wäre ich für den Job eigentlich prädestiniert.

Roderich Trapp.

Foto: Wuppertaler Rundschau/Max Höllwarth

Dann habe ich aber die Stellenausschreibung der Stadt gesehen und denke seitdem über etwas ganz anderes nach. Da wird nämlich ein Stadtkämmerer oder eine Stadtkämmerin gesucht. Aber: Muss Letzteres denn nicht Stadtkämmererin heißen? In der Schule unterrichten doch auch Lehrerinnen und keine Lehrinnen. Und auf der Baustelle habe ich noch nie eine Kranführin arbeiten sehen, während weiter unten eine Maurin mit ihrem Maurer-Kollegen Wände hochzieht.

Was ist da also los? Die Homepage der Duden-Redaktion weiß das natürlich. Dort ist nachzulesen, dass sich feminine Personen- oder Berufsbezeichnungen im Deutschen normalerweise problemlos durch Anhängen der Endung -in an das maskuline Wort bilden lassen. Weil das aber insgesamt zu einfach wäre, wird bei maskulinen Personenbezeichnungen, die auf -erer enden das zweite -er durch -in ersetzt. Der Duden weiß zwar auch nicht, warum das so ist, vermutet aber, dass es ursprünglich klangliche Gründe hatte.

Diese Erklärung befriedigt mich nicht. Es ist zwar durchaus richtig, dass man nach der Aussprache des Wortes Stadtkämmererin erstmal einen Schluck Wasser braucht. Aber bei Wörtern geht es doch nicht nur um den Sound, sondern auch um die Bedeutung. Stadtkämmerin hört sich für mich stark danach an, als würde sich da jemand in der stattlichen Besoldungsgruppe B2 schwerpunktmäßig mit Haarpflege beschäftigen.

Das wäre schon deshalb nicht plausibel, weil Wuppertals letzter Kämmerer am Ende gar keine Haare mehr hatte, sondern nur noch einen Bart. Außerdem könnte Stadtkämmerin ja auch implizieren, dass die Trägerin dieser Amtsbezeichnung den städtischen Haushalt frisiert. Das darf nicht sein!

Auch an anderer Stelle tue ich mit der Duden-Regel schwer. Nehmen sie den ehrenwerten Beruf des Polsterers. Wenn den eine Frau ergreift, ist sie eine Polsterin, was zumindest in Österreich zu Missverständnissen führen könnte, weil sie dort gemäß des landestypischen Idioms automatisch als Frau des pensionierten Fußballstars Toni Polster identifiziert würde.

Oder nehmen sie den bei uns bekanntlich weit verbreiteten Mopperer. (Info für Zugereiste: Das ist kein Beruf aus der Reinigungsbranche, sondern ein Wuppertaler, der Filme schon schlecht findet, bevor er sie überhaupt gesehen hat, und Projekte bereits für Blödsinn hält, ehe sie erfunden wurden.) Wenn nun eine Frau moppert, dann ist sie laut Duden eine Mopperin, was schon bei kleinen Ausspracheungenauigkeiten oder der Benutzung des Begriffs durch Menschen mit sächsischem Dialekt zu fatalen Missverständnissen führt: Die an sich eher harmlose Mopperin könnte dann nämlich auf einmal als boshafte Mobberin dastehen.

Sollte übrigens eine Frau das Stadtkämmer(er)innen-Amt in Wupperetal erobern, wäre sie laut Duden eine Eroberin. Auch problematisch, weil man bei Er-Oberin lautlich durchaus an den männlichen Leiter eines Nonnenklosters oder eine geschlechtsumgewandelte Servicekraft im Gastgewerbe denken könnte.

Was für ein Kuddelmuddel! Mein Vorschlag, um auf der sicheren Seite zu sein: Vielleicht suchen wir in diesem Fall besser eine(n) Stadtkämmernde(n) ...

Bis die Tage!