Nach Toreschluss - die Wochenendsatire Persönliche Probleme

Wuppertal · Heutzutage reden ja alle öffentlich über ihre Probleme. So hat ein frustrierter Bundeswehr-General diese Woche dem Spiegel erzählt, dass seine 18 Puma-Schützenpanzer das erste ökologisch-pazifistische Waffensystenm sind, weil sie weder fahren noch schießen können.

Annette (li.) und Roderich Trapp als Rundschau-Delegation am Lions-Glühweinstand mit den „Profis“ Uta-Maria Sunkel, Andreas Braasch, Sören Walla und Carsten Behrens (v.li.).

Foto: Simone Bahrmann

Und Boris Becker verriet am Dienstag im Fernsehen zwischen zwei Weinkrämpfen, dass er sich zwar bei seinen Finanzen etwas verrechnet hat, aber im englischen Knast Mitgefangene in Mathematik unterrichten durfte. Der Fachkräftemangel ist also offensichtlich nicht nur in Deutschland dramatisch.

Bei so vielen Bekenntnissen will ich Ihnen auch von einem persönlichen Problem berichten, das mich gerade in diesen Tagen wieder sehr beschäftigt: Es geht um meinen Geburtstag. Wobei mich im Gegensatz zu den meisten anderen Leuten nicht das Älterwerden stört, sondern das Datum. Ich bin nämlich am 23. Dezember geboren worden. Selbst wenn Sie nur über rudimentäre Kenntnisse der abendländischen Kultur- und Religionsgeschichte verfügen, dürfte Ihnen bekannt sein, dass nur einen Tag später der Geburtstag von jemand anderem schon seit mehr als 2.000 Jahren ausgesprochen intensiv gefeiert wird. Historisch eher kleine Lichter wie ich kommen da mit ihrem Ehrentag ausgesprochen ungelegen.

„Ach“, höre ich deshalb regelmäßig, wenn ich mein Geburtsdatum angeben muss, „das ist aber ungünstig!“ Wobei da gerne nicht nur Bedauern, sondern auch unterschwellig ein leichter Vorwurf mitschwingt. Dabei kann ich doch gar nichts dafür. Hätte ich im Kreißsaal etwa durch die Käseschmiere auf den Kalender blinzen und geistesgegenwärtig sagen sollen: „Tut mich schnell wieder rein, heute passt es mir gar nicht ...“? Das ist genauso unrealistisch wie die Annahme, einen Geburtstag am 23. Dezember auch nur ansatzweise feiern zu können.

Sämtliche Gäste sagen dafür entweder schon vorher ab oder betonen, nicht lange bleiben zu können, weil ja noch so unendlich viele Weihnachtsvorbereitungen zu treffen wären. Die wenigen, die trotzdem mal gekommen sind und dann für die anderen mitgetrunken haben, fielen am nächsten Tag beim Schmücken des Weihnachtsbaums mit der Tanne um oder ganz für die Bescherung aus. Deshalb durften sie im nächsten Jahr nicht wiederkommen.

Immerhin bin ich mit diesem Problem nicht ganz alleine, weil ja auch andere Menschen am 23. Dezember Geburtstag haben. Zum Beispiel Königin Silvia von Schweden oder Helmut Schmidt. Vor Jahren hatte ich mal überlegt, dass ich doch gut mit diesen beiden zusammen am 23. Dezember einen drauf machen könnte. Aber Silvia hatte noch mit den aufwändigen Weihnachtsvorbereitungen im Schloss Drottningholm zu tun und Helmut Schmidt sagte ab, als er hörte, dass wir ein Nichtraucher-Haushalt sind.

Erschwerend kommt bei mir übrigens zum ungünstigen Geburtstag auch noch der ungünstige Vorname hinzu. „Roderich“ hat nämlich ungefähr den Bekanntheitsgrad von Lyrik des Frühmittelalters - sprich: kennt kein Mensch. Das ist ähnlich wie der Geburtstag am 23. Dezember tragisch, weil es sich eigentlich um einen durchaus bedeutenden germanischen Doppelnamen handelt, der sich aus Hruod (Ruhm) und Erich (reich, Herrscher, Fürst) zusammensetzt und beispielsweise 711 den letzten Gotenkönig zierte. Ich vermute, dass der Name danach weitgehend ausgestorben ist, weil ihn national (Sachsen: „Rötrisch“) und international (Asien: „Lodelitsch“) kaum jemand richtig aussprechen kann.

Wenn man irgendwo angeben soll, wie man heißt, muss man „Roderich“ daher meistens buchstabieren und ergänzend darauf hinweisen, dass es sich um den Vornamen handelt. Danach wird man dann in 50 Prozent der Fälle trotzdem freundlich mit „Auf Wiedersehen, Herr Roderich“ verabschiedet.

Keine Probleme damit gab es zum Glück, als ich am Montag als Gast der Lions im Weihnachtsmarktstand am Döppersberg für den guten Zweck Glühwein gekocht habe. Der kommt da bekanntlich nicht aus dem Kanister, sondern wird Topf für Topf vor Ort zubereitet und ist deshalb der beste in Wuppertal.

Da kein Besucher umgekippt ist, bin ich zuversichtlich, das traditionelle Rezept auch ohne Brille richtig umgesetzt zu haben. Vielleicht sollte ich nächstes Jahr einfach hier Geburtstag feiern. Trinkfreudige Gesellschaft und Spaß hat man da jedenfalls immer genug.

Bis die Tage!