Nach Toreschluss - die Wochenendsatire Das Euro-Scheindesign

Wuppertal · Neulich war der Deutsche Fernsehpreis 2022. Wie alle anderen Preise ist auch der gestiegen, aber nicht ganz so heftig: Voriges Jahr war der Deutsche Fernsehpreis 2021.

Die Euro-Scheine.

Foto: Gerd Altmann

Solche Witze entstehen, wenn man nur noch über Geld redet, so wie das alle in Deutschland gerade tun müssen, denn im Moment haben wir ja Inflation. Inflation haben jüngere Leute bis neulich wahrscheinlich noch für irgendwas Neues auf Instagram gehalten, weil es sie lange fast nicht mehr gab. Jetzt, wo ein Liter Benzin viermal so viel kostet wie ein Liter Coca Cola, lernen aber alle den Begriff neu kennen.

Inflation kommt aus dem Lateinischen und bedeutet im Prinzip „aufblasen“, was mit Blick auf unseren Finanzminister ganz gut passt, auch wenn ihm bei der Wahl in Niedersachsen gerade wieder etwas die Luft rausgelassen wurde. Die Inflation hat jetzt doppelt so viele Prozent wie seine Partei letzten Sonntag.

Deshalb sollte sich die Europäische Zentralbank auch gut überlegen, ob sie wirklich einen Plan umsetzen will, von dem ich neulich gelesen habe. EZB-Präsidentin Christine Lagarde wünscht nämlich, dass sich die Bürger besser mit den Euro-Banknoten identifizieren können und sie mit Stolz verwenden. Deshalb will sie die Scheine neu gestalten lassen.

Nun kenne ich persönlich überwiegend Europäer, die vor allem dann stolz wären, wenn sie überhaupt Geldscheine hätten. Wie die dann aussehen, ist ihnen glaube ich relativ Wurst. Sollten die Banknoten aber tatsächlich ein neues Design bekommen, könnte man bei jeder sicherheitshalber schon mal eine Null an die Zahl für den Wert dranhängen, weil ja die Inflation schon über zehn Prozent beträgt.

Da werden unschöne Erinnerungen an die Hyper-Inflation nach dem Ersten Weltkrieg wach, als eine Straßenbahnfahrt in Dresden zehn Milliarden Mark kostete. Das lag nicht an der besonderen Qualität des ÖPNV im Jahr 1923, sondern an einer monatlichen Inflationsrate von in der Spitze fast dreißigtausend Prozent. Die damals ständig neu gedruckten Geldscheine wurden daher von den Leuten gar nicht mehr ausgegeben, sondern als Heizmaterial verfeuert. Auch wenn wir so heutzutage möglicherweise die Energiekrise lösen könnten, hoffe ich, dass wir diese Erfahrung unserer Urgroßeltern nicht auch machen müssen.

In jedem Fall war es wohl nicht besonders weitsichtig von der Europäischen Zentralbank, mit Einführung der zweiten Serie der Euro-Banknoten im Jahr 2019 keine 500-Euro-Scheine mehr auszugeben. Die könnten wir demnächst wahrscheinlich gut gebrauchen, wenn man mal zu zweit ins Restaurant gehen oder ein Bundesligaspiel gucken will (außer auf Schalke, da gibt es wegen des spielerischen Niveaus Rabatt).

Deshalb sollte die Zentralbank auch über die Beträge auf den Noten und nicht nur über das neue Design nachdenken. Aber alleine für Letzteres wird schon ein enormer Aufwand in Form eines Entwicklungsprozesses getrieben, der bis 2024 dauern soll. Es gibt sogar eine eigens eingerichtete 19-köpfige Themenberatungsgruppe, die erarbeiten darf, wie die künftigen Geldscheine aussehen und welche Motive da drauf kommen. Zuletzt hat das prima funktioniert: Die aktuellen Scheine strahlen in den attraktiven Farben Grünbraun, Beigebraun, Rotbraun, Blaubraun, Braunbraun und Kackbraun und haben Zeichnungen irgendwelcher Fenster weltberühmter europäischer Gebäude drauf, die kein Mensch kennt.

Ich bin daher gespannt, was uns dann 2024 erwartet, wenn sich Themenberatungsgruppenmitglieder wie die litauische Kunstprofessorin Marija Marcelionytè-Paliukè, der pensionierte Archäologie-Professor Demetrios Michaelides aus Zypern und der Geisteswissenschaftler Emanuel Buttigieg, Senior Lecturer an der Universität Malta, ihre Gedanken gemacht haben. Die Namen hören sich sehr nach frischen Ideen an.

Aber zum Glück ist auch noch Fintan O’Toole von der Zeitung „The Irish Times“ dabei. Der ist genau wie ich Kolumnist, was mir die Hoffnung gibt, dass wenigstens ein Vertreter aus dem richtigen Leben daran denkt, nicht nur olle Steine auf die Scheine zu machen, sondern auch Platz für lange Zahlen zu lassen. Ich fürchte, wir werden ihn brauchen ...

Bis die Tage!