Nach Toreschluss - die Wochenendsatire Zahlen Sie minus 5,33 Euro
Wuppertal · So, das runde Helle da draußen muss wohl diese Sonne sein, nach der in den letzten Monaten alle verzweifelt gesucht haben. Und das Jahr 2022 war bisher nicht nur beim Wetter eine Katastrophe.
Corona-Rekorde in Deutschland, Krieg in der Ukraine – da muss man schon auf absolut bewährte Kräfte aus der Abteilung Wahnwitz und Minderleistung zurückgreifen, um überhaupt noch etwas zum Schmunzeln zu finden.
Zu diesen Kräften gehört die Telekom, die Wuppertal im Moment mit Glasfaser versorgen möchte. Das freut viele Menschen, bei denen die Bits und Bytes derzeit noch einzeln von ehemaligen Postboten durch alte Klingeldrähte getragen werden. Bei der Umsetzung hapert es aber noch etwas.
Als Beleg schickte mir ein Rundschau-Leser eine Mail des Glasfaser-Teams, in der mitgeteilt wird, dass der Hausanschluss-Termin am 11. Februar leider storniert werden muss. Die Mail traf immerhin schon am 21. Februar ein, was für die Absage eines Termins zehn Tage vorher tendenziell spät erscheint. Entweder ist also die vorhandene Internet-Anbindung des Lesers wirklich rekordverdächtig langsam, oder bei der Telekom hat jemand eine besonders lange Leitung ...
In der gleichen Liga wie die Telekom spielt das Steueramt der Stadt Wuppertal. Es hat dafür gesorgt, dass ich seit September täglich über ein Schreiben nachdenke, das mich in meiner Eigenschaft als Besitzer einer bescheidenen Immobilie am 21. September vorigen Jahres erreichte. Normale Menschen hätten den Inhalt wahrscheinlich so zusammengefasst: Weil von Juli bis Dezember 2020 ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz auf Trinkwasser galt, der im bisherigen Grundabgabenbescheid noch nicht berücksichtigt war, bekommen Sie 5,33 Euro Grundsteuer zurück.
Erstattungen sind in der DNA des Wuppertaler Ressorts Finanzen aber offensichtlich nicht angelegt, deshalb lautete die tatsächliche Formulierung im städtischen Schreiben so: „Die Grundabgaben für das oben genannte Grundstück werden wie folgt erhoben: Änderungsbetrag -5,33 Euro; Fälligkeit 24.09.2021, Bitte überweisen Sie den fälligen Beitrag unter Angabe des Kassenzeichens an die Finanzbuchhaltung Wuppertal, IBAN ...“
Nun weiß ich nicht, ob Sie schon einmal versucht haben, minus 5,33 Euro zu überweisen. Nach meiner Erfahrung ist das leider unmöglich, weil unser Finanzsystem auf die speziellen Negativzahlungsanforderungen der Stadt Wuppertal einfach nicht ausgelegt wurde. Und Barzahlung funktioniert auch nicht, weil die Europäische Zentralbank bisher leichtfertig darauf verzichtet hat, Minus-fünf-Euro-Scheine zu produzieren.
Das könnte natürlich daran liegen, dass es außerhalb der Wuppertaler Stadtverwaltung eher unüblich ist, minus 5.33 Euro zu kassieren. Ich musste zum Beispiel noch nie in einer Kneipe minus 5,33 Euro zahlen und hätte dort wahrscheinlich sogar richtig Ärger mit dem Kellner bekommen, wenn ich trinkgeldhalber großzügig sage: „Machen Sie minus sechs!“
Letztlich habe ich auf den Bescheid mangels Möglichkeiten einfach gar nicht reagiert und insgeheim gehofft, dass ich Mahnungen bekommen würde, in denen sich der Minusbetrag weiter erhöht, bis ich richtig reich wäre. Leider hat mir die Stadt aber einfach am 24. September 5,33 Euro überwiesen und den schönen Plan damit torpediert.
Unter dem Strich gibt es eigentlich nur zwei Erklärungen für so etwas: Entweder hat die IBAN der Finanzbuchhaltung mehr Stellen als das Steueramt intelligente Mitarbeiter. Oder – plausibler – die Schreiben werden von Computern mit künstlicher Dummheit erstellt, die sich verselbständigt haben. Wahrscheinlich hat die Stadt sie gebraucht von der Telekom gekauft ...
Bis die Tage!