Nach Toreschluss - die Wochenendsatire Der Brücken-Testfall

Wuppertal · Seit Wochen hängt so viel Nebel über Wuppertal, dass sich die ersten Menschen im Tal ernsthaft fragen, ob Küllenhahn oder der Toelleturm überhaupt noch existieren. Dieses Wetterphänomen macht mir auch im Hinblick auf 2022 Sorgen.

Modell der geplanten Hängebrücke über der Mühlenkopfschanze in Willingen. Fotomontage: Stadt Willingen

Foto: Stadt Willingen

Gestern in einem Jahr findet nämlich um 16 Uhr das Finale der Fußball-WM in Katar statt. Deutschland wird nach dem phänomenalen 2:1-Kantersieg in der Qualifikation gegen Rumänien ziemlich sicher in diesem Endspiel stehen. Und dann ist es ja doppelt ärgerlich, wenn wir beim Public Viewing nicht nur erfrieren, sondern dabei wegen der Nebelsuppe noch nicht mal die Leinwand sehen können ...

Unpraktisch ist der Nebel auch für Wuppertals nächstes Leuchtturmprojekt: Wir wollen ja eine bomfortionelle Hängebrücke quer über das Tal bauen, von der aus die Menschen staunend hinab auf das Häusermeer blicken. Das wäre bei Nebel natürlich schwierig, mit Blick auf einige Ecken zwischen Sonnborn und Varresbeck aber vielleicht auch gar nicht so schlecht.

Unsere Hängebrücke soll 700 Meter lang werden. Damit haben wir zum Glück gerade noch die Nase vorn gegenüber Willingen im Sauerland. Dort hat jetzt eine Investorengruppe die Genehmigung für den Bau einer 665 Meter langen Hängebrücke erhalten, die vom Musenberg quer über den Stadtteil Stryck hinweg zur örtlichen Skisprungschanze führen soll.

Besagte Schanze ist nicht ganz unbekannt, weil hier jährlich ein Weltcup-Springen stattfindet. 2002 bin ich mal dabei gewsen (nur als Zuschauer, ich hatte meine Sprungski vergessen) und habe sehr gestaunt. Allerdings weniger über die Sprünge von Sieger Sven Hannawald als über die Trinkfreudigkeit des Publikums: Verglichen mit dem, was die 40.000 Menschen auf den Tribünen an Bier in sich rein gekippt haben, ist ein durchschnittliches Partywochenende in der Düsseldorfer Altstadt ein Kongress des Blauen Kreuzes. Wenn kein Skispringen ist, kommen die Leute übrigens trotzdem am Wochenende nach Willingen und trinken bei Ballermann-Partys alles in Grund und Boden.

Die Willinger Brücke soll schon im Herbst 2022 fertig sein. Da können wir dann mal gucken gehen, ob sich so ein Teil unter extremen Bedingungen bewährt. In Wuppertal gehen ja immer noch einige Skeptiker davon aus, dass ungefähr jeder zweite Besucher von der bei uns geplanten Hängebrücke kopfüber in die Wupper, in ein Reagenzglas von Bayer oder bei Omma Kottenströter an der Friedrich-Ebert-Straße in den Schornstein fallen wird. Und in Willingen sind die Bedingungen wegen der Beschaffenheit der Gäste und der Brücke selbst noch viel extremer: Selbige schwankt nämlich bauartbedingt leicht und bietet den bis zu 700 Leuten, die sich gleichzeitig auf ihr bewegen dürfen, nur 1,30 Meter Breite.

Wenn sich da zwei gestandene Partytouristen begegnen, deren Füllstand dem der Öltanks des Emirs von Katar entspricht, dann müsste gemessen an den Befürchtungen der Wuppertaler-Brücken-Bedenkenträger doch mindestens einer von denen über das Geländer purzeln und unten im Auslauf der Mühlenkopfschanze landen. Und das aller Voraussicht nach mit Punktabzug, weil er keinen Telemark hingekriegt hat. Ich bin sehr gespannt!

Bis die Tage!