Nach Toreschluss - die Wochenendsatire In love with Detlef-Bernhard
Wuppertal · Die Deutschen haben bei den Olympischen Spielen im Eiskanal praktisch alle Medaillen gewonnen. Konkurrenten beklagen deshalb eine gewisse Einseitigkeit des Wettbewerbs und befürchten, dass wahrscheinlich sogar ein Deutscher Schäferhund Gold holen würde, wenn man ihn auf einen Rodel setzt und am Start kräftig anschubst.
Vielleicht sollten wir daher auch der Fußball-Nationalmannschaft statt Stollen besser Kufen unter die Schuhe machen, dann werden wir auch mal wieder Weltmeister.
Es gibt aber einen großen Unterschied zwischen Wintersport und Fußball: Bei Olympia sind die Athleten ja in der Regel temperaturbedingt und der Sicherheit halber äußerst umfangreich bekleidet. Bobfahrer oder Rodler beispielsweise stecken zwar in einem engen Saitling, den wir in dieser Form auch aus der Bockwurstproduktion kennen, zeigen aber von Kopf bis Fuß keinen einzigen Quadratzentimeter Körperfläche.
Fußballer dagegen haben grundsätzlich kurze Buxen und Shirts an und präsentieren uns auf diese Weise großräumig nackte Arme und Beine. Und auf selbigen lässt sich ein Trend ablesen, der auch Deutschland mittlerweile fest im Griff hat: Der durchschnittliche Spieler ist zwar nicht immer bis in die Haarspitzen motiviert, aber garantiert bis dorthin tätowiert.
Heutzutage ist man ohne Tattoo ja kaum noch gesellschaftsfähig. Es gilt längst als selbstverständlich, sich mindestens die Namen aller Verwandten ersten und zweiten Grades sowie Bilder sämtlicher Haustiere und gerne auch noch Höhepunkte der Auslage eines Floristik-Fachbetriebs mehrfarbig in die Pelle tackern zu lassen. In Kürze wird sich wahrscheinlich auch der erste Schüler eine 3+ auf die Hand tätowieren, weil er eine halbwegs manierliche Klassenarbeit geschrieben hat. Nach meinen Erkenntnissen war es früher durchaus noch möglich, Mutti, Partner oder Kind zu lieben, ohne sich das auf den Oberarm oder die Fott zu schreiben. Heute lässt sowas Außenstehende dagegen unmittelbar misstrauisch werden.
Ein nicht unerheblicher Nachteil von Tattoos ist übrigens, dass sie nicht mehr weggehen und bei mangelhafter Ausführung auch schwer nachzubessern sind. Hätte sich Wuppertal den Döppersberg tätowieren lassen, dann müsste die Stadt wahrscheinlich lebenslang im Skianzug rumlaufen, um sich nicht zu blamieren. So aber gibt es noch Resthoffnung, hier Mauern hinzukriegen, die nicht schon nach sechs Monaten mehr bröseln als die Pyramiden von Gizeh nach 4.000 Jahren.
Allgemein erscheint es jedenfalls speziell bei einer Neigung zu turbulenterem Liebeleben nicht ratsam, sich voreilig Namen von Partnern in die Haut stechen zu lassen. Insbesondere warne ich davor, selbige vollständig auszuschreiben. Wenn eine Frau etwa in Detlef-Bernhard verliebt ist, wäre sie mit einem aufs Herz gepinnten „In love with Detlef-Bernhard“ verloren, wenn sich der Kerl vom Acker macht. Hätte sie sich nur „In love with DB“ tätowieren lassen, könnte sie immer noch behaupten, sie wäre Eisenbahn-Fan.
Sehr beliebt als Tattoo sind übrigens auch in Deutschland chinesische Schriftzeichen, bei denen eine gewisse Tücke darin liegt, dass sie der Deutsche in aller Regel nicht lesen kann. Nicht unmsonst wandte sich in diesen Tagen eine Frau an das Online-Portal „GuteFrage.net“, weil sie sich nicht mehr sicher ist, dass das Geschlöngels auf ihrem rechten Arm wirklich „Liebe“ bedeutet. Die Netzgemeinde ist da jedenfalls skeptisch. Ich hoffe für sie, dass die Striche nicht übersetzt „ein Pfund Gehacktes halb und halb“ heißen ...
Bei Stichwort China und Tätowierungen sollte man noch folgendes wissen: Die chinesische Regierung hat ihren Fußball-Nationalspielern tatsächlich verboten, sich neue Tattoos stechen zu lassen und ihnen darüber hinaus empfohlen, schon vorhandene wegen der „abnormalen Ästhetik“ entfernen zu lassen. In einen Land, das sich bereits die Menschenrechte hat entfernen lassen, ist das wahrscheinlich konsequent.
Unter diesem Gesichtspunkt bin ich durchaus froh, dass sich bei uns jeder beschriften und bemalen kann, wie er lustig ist. Wobei auch das nicht mehr ganz stimmt, weil die EU seit Januar die meisten Tätowier-Farben verboten hat. Da sollen gefährliche Stoffe drin sein, die krank machen oder Krebs auslösen können. Mit dem gleichen Argument müsste man dann zwar auch Tabak und Alkohol verbieten, aber die haben in Brüssel einfach mehr Lobbyisten sitzen als die Tätowierer. Die kommen gar nicht zur Lobbyarbeit, weil sie den ganzen Tag Fußballer tätowieren müssen ....
Bis die Tage!