Nach Toreschluss - die Wochenendsatire Weichenstellungen
Wuppertal · Wildfremde Menschen haben sich in den Armen gelegen, als die Schwebebahn nach ihrem Sabbatjahr im August endlich wieder fuhr.
Dank einer unvorstellbaren Ingenieurleistung war es damals gelungen, Wagen herzustellen, die sich in der Kurve nicht überschlagen und deren Räder auch nach mehreren Fahrten von Vohwinkel nach Oberbarmen noch rund laufen. Dieses Anforderungsprofil hatten die Konstrukteure der neuen Waggon-Generation im ersten Anlauf offenbar übersehen. Oder sie waren bei der Entwicklung ähnlich blau wie die Wagen ...
Noch schlimmer als eine Schwebebahn, die gar nicht fährt, ist allerdings eine Schwebebahn, die so tut, als ob sie fährt, aber dann nicht kommt. Das hatten wir zuletzt wieder regelmäßig. Der Grund lag im Versagen von Bauteilen, die ausweislich ihrer Fehleranfälligkeit zum Komplexesten gehören müssen, was in der Welt der Technik je erfunden wurde: Es geht um die Weichen.
Eine Weiche vollbringt die gar wundersame Leistung, einem Schienenfahrzeug mit Hilfe einer verstellbaren Metallzunge den Wechsel auf ein anderes Gleis zu ermöglichen. Diese Konstruktion wurde erstmals 1797 von John Curr beschrieben und seitdem immer weiter perfektioniert. Außer in Wuppertal.
Hier fallen die Weichen in den Endhaltestellen der Schwebebahn noch öfter aus als Skirennläuferin Mikaela Shiffrin bei den Olympischen Spielen, obwohl das eigentlich kaum möglich erscheint. Offenbar sind die eigentlich robusten Stahlteile dank einer Vielzahl elektronischer Sensoren noch sensibler als eine Lehrerin mit Doppelnamen im Achtsamkeitskurs. Deshalb stellen sie unmittelbar den Betrieb ein, wenn auch nur ein Laubblättchen auf sie herabsegelt oder gar eine Taube auf sie drauf kackt. Letzteres soll das Hauptproblem sein, wobei Wuppertaler Tauben speziell zu Zeiten des Berufsverkehrs scheinbar besonders intensiv verdauen. Diesen Zusammmenhang näher zu untersuchen, wäre bestimmt mal ein interessantes Thema für eine veterinärmedizinsche Doktorarbeit ...
Nun könnte man sich natürlich fragen, warum eine Schwebebahnweiche eigentlich zahllose elektronische Sensoren braucht. Jahrzehntelang wurden im Eisenbahnwesen doch Weichen ganz simpel und weitgehend erfolgreich einfach von Hand umgelegt. Diese Weichensteller sind auch nicht in sich zusammengebrochen, wenn eine Taube im Anflug war. Genauso könnte man sich fragen, warum die Schwebebahn eigentlich ein digitales Betriebssystem braucht, das im wesentlichen zur Verhinderung des Betriebs führt, wenn sie vorher analog völlig störungsfrei unterwegs war.
Wenn ich mir vorstelle, dass demnächst in autonom fahrenden Autos ähnliche Betriebssysteme sind, dann hätten wir wahrscheinlich die Staus auf der A46 endlich aus dem Kopf, weil gar kein Wagen mehr losfährt.
Bis die Tage!