Nach Toreschluss - die Wochenendsatire Die Wahlwetter-Theorie

Wuppertal · Man muss ja nicht alles verstehen. Am Montag haben sich beispielsweise haufenweise Menschen schon lange vor Ladenöffnung angestellt, um ein 9-Euro-Ticket zu erwerben, mit dem man überhaupt erst zwei Wochen später fahren kann und das bis dahin garantiert nicht ausverkauft ist.

Da geht‘s (thoretisch) lang ...

Foto: Christoph Petersen

So einen Andrang hätte ich mir auch bei der Landtagswahl gewünscht, die sogar kostenlos, aber trotzdem noch schlechter besucht war als ein Freundschaftsspiel zwischen Rumpelfuß Niederaula und Traktor Marzahn. Einzelne Wahlvorstände sollen sogar im Rathaus angerufen und nachgefragt haben, ob man dort ganz sicher sei, dass wirklich Wahltag ist.

Die gängiste Erklärung dafür, dass in Wuppertal nur jeder Zweite seine Kreuzchen gemacht hat, war das Wetter. Offensichtlich ist der Wuppertaler so freudig erregt, wenn plötzlich doch mal die Sonne scheint, dass Wahllokale dann gegen Ausflugslokale keine Chance mehr haben.

Diese Theorie fußt allerdings auf der in ganz Deutschland verbreiteten Annahme, dass es in Wuppertal an etwa 800 Tagen im Jahr durchschnittlich 30 Stunden regnet und die Ureinwohner Sonne eigentlich nur im Solarium abbekommen können. Diese Annahme, die von uns selbst auch noch durch den Spruch, dass Wuppertaler mit Regenschirm in der Hand auf die Welt kommen, bestärkt wird, ist allerdings statistisch betrachtet Unsinn!

Tatsächlich sieht die Sache so aus: Wuppertal hat zwar mit 1.154 Litern pro Quadratmeter tatsächlich eine Menge Niederschlag im Jahr. Aber mal zum Vergleich: Oberstdorf hat 1.667 Liter. Trotzdem lachen uns alle aus und da fahren alle hin in Urlaub...

Roderich Trapp.

Foto: Wuppertaler Rundschau/Max Höllwarth

Und noch wichtiger: Unsere 1.154 Liter fallen an nur 206 Regentagen. Das ständig als sonnenreichste Stadt Deutschlands angepriesene Freiburg hat davon aber 218. Die Wahrscheinlichkeit, im Breisgau nass zu werden, ist also höher als in Wuppertal. Irgendwie weiß das nur keiner. Und sollten Sie demnächst mal nach Köln wollen, vergessen Sie das auch lieber: Da regnet es nämlich statistisch an 263 Tagen im Jahr. Und an den restlichen ist wegen Karneval alles überfüllt.

Bei den Sonnenstunden pro Jahr sind wir übrigens auch nicht so schlecht, dass man direkt den Wahlschein ins Altpapier werfen und auf die Liege gehen müsste. Davon haben wir 1.504 im Jahr und damit genauso viele wie Krefeld oder Düsseldorf. Die dort zahlreich ansässigen Millionäre haben einfach nur etwas mehr Zeit, in der Sonne zu liegen als wir und gaukeln mit ihrer Bräune dann scheinbar erfolgreich vor, dass ihre Heimat eine Art Rimini am Rhein ist.

Die meisten Sonnenstunden hat dagegen tatsächlich Freiburg im Breisgau, wobei mir die Statistiker mal erklären müssen, wie die 1.740 davon zwischen ihren 218 stattlichen Regentagen unterbringen ...

Genauso erstaunlich finde ich, dass Mönchengladbach die Stadt mit den wenigsten Regentagen in Deutschland ist. Die haben nur 107 davon, also knapp halb so viele wie Wuppertal und kaum mehr als Mallorca. Die Wahlbeteiligung lag in Mönchengladbach trotzdem nur bei erschütternden 47,8 Proizent. Die Wettertheorie scheint also doch nicht so ganz zu stimmen ...

Bis die Tage!