Nach Toreschluss - die Wochenendsatire In der liegenden Taube

Wuppertal · Vor ziemlich genau einem Jahr habe ich an dieser Stelle die deutsche Fußball-Nationalmannschaft veräppelt, weil sie in Duisburg ihr WM-Qualifikationsspiel gegen Nord-Mazedonien 1:2 verloren hatte. Damals schrieb ich, das sei peinlich, weil Nord-Mazedonien seine letzten bedeutenden Auswärtssiege vor 2.300 Jahren unter Trainer Alexander dem Großen geholt hätte.

Roderich Trapp.

Foto: Wuppertaler Rundschau/Max Höllwarth

Das zeigt, dass ich von Fußball noch weniger Ahnung habe als Jogi Löw, auch wenn das kaum möglich erscheint. Denn selbige Nord-Mazedonier haben am Donnerstag auswärts Italien aus den WM-Playoffs geschossen. Der Europameister fährt also nicht nach Katar, wo Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck diese Woche schon war. Er hat da für uns Öl und Gas eingekauft und sah bei dieser Shopping-Tour durchgehend ungefähr so begeistert aus wie Italiens Trainer Roberto Mancini nach dem Schlusspfiff.

Einen Grünen zum Fossilen-Energieträger-Großeinkauf zu schicken, ist ja auch ungefähr so, als würde man einen Vegetarier Spanferkel für den Grillabend holen lassen. Das Ganze nennt sich übrigens Realpolitik, und bei der sind die Grünen nach 16 Jahren in der Opposition möglicherweise etwas aus der Übung.

Apropos aus der Übung: Als vor zwei Jahren Corona unser größtes Problem war und die Welt noch nicht Morbus Putin hatte, da mussten wir alle zu Hause bleiben und begannen, uns mit Video-Anleitungen für Fitness-Übungen in Form zu halten. Darüber habe ich ähnlich wie über Nord-Mazedonien seinerzeit auch schon mal geschrieben. Nicht erwähnt hatte ich damals meine Bemühungen, mittels einfacher Dehnübungen vom langen Sitzen ungelenk gewordene Gliedmaßen neu zu mobilisieren

Nachdem man jetzt auch wieder weniger vor die Tür geht, weil draußen mehr Infizierte rumlaufen als in Zombie-Filmen, habe ich das Video „Stretching für Anfänger“ nochmal rausgekramt, einen sehr sportlich wirkenden Leggins-Saitling angelegt und mich in Position gebracht, um nach Absolvieren der Übungen fürderhin wieder elastisch durch die Gegend zu hopsen wie ein Flummi.

Demonstriert werden sie von einer jungen Frau, die insgesamt ungefähr so viel wiegt wie bei mir ein Oberschenkel und so geschmeidig ist wie das vorsorglich von mir bereitgelegte Frottee-Handtuch. Die Dame redet mit schmusesanfter Stimme auf mich ein, erklärt mir, wie ich atmen soll, obwohl ich das bisher auch instinktiv schon ganz gut hingekriegt habe, und schickt mich dann in eine Ausgangsposition namens Vierfüßler. Ich habe zwar nur zwei Füße, gebe aber mein Bestes, um mich von hier aus in Richtungen zu verbiegen, die mir von Natur aus eher für wirbellose Wasserwesen gedacht zu sein scheinen.

Die Instruktorin, die ihren Körper vermutlich im Gummitierladen erworben hat, tut sich dabei deutlich weniger schwer als ich und empfiehlt mir die „Kindspose“, bei der ich das Gesäß entspannt auf den Fersen und den Oberkörper auf den Oberschenkeln ablegen soll, während ich die Arme nach vorne strecke und die Stirn den Boden berührt.

Weil ich sowas zuletzt im Circus Roncalli gesehen habe, wechsle ich direkt zur „Liegenden Taube“, bei der ich mich über ein mindestens 450 Grad unter mir abgewinkeltes Bein schmeißen soll. Dabei macht irgendetwas in mir ein Geräusch, das an das Knacken beim Öffnen von unter Vakuum verschraubten Dosendeckeln erinnert. Ich fürchte, jetzt habe ich mich noch mehr verbogen als der Habeck ...

Bis die Tage!