Nach Toreschluss - die Wochenend-Satire Blasse Erinnerungen
Man hat ja viel um die Ohren, da kann man auch schon mal was durcheinander bringen. In meinem Fall geht es um die beiden Konzerte, bei denen vor ein paar Tagen im Opernhaus "Sax for Fun" und die Rockband "Flieger" zusammen aufgetreten sind.
Wuppertals Gralsstätte der Hochkultur war dabei das, was die sehr neuen Inszenierungen sehr alter Opern meist nicht schaffen — nämlich ausverkauft.
Da wir hier unter uns sind, verrate ich Ihnen, dass mich das ein bisschen gewundert hat. Denn "Flieger" kann man sich durchaus anhören, bei "Sax for Fun" bin ich mir da aber nicht so sicher. Ich glaubte mich nämlich zu erinnern, dass unser Neffe als Teenager da mal mitgespielt hat und uns vor Jahren zu Weihnachten sehr stolz eine CD des Riesen-Saxophonorchesters schenkte. Die habe ich im Auto mal eingelegt und bin dann vor Schreck fast in die Wupper gefahren. Die auf dem Silberling kakophonisch dargebotenen Hits, die man in dieser Version immer schon mal nicht hören wollte, erinnerten an eine Vertonung der schönsten Einsätze der Blechbüchsenarmee aus der Augsburger Puppenkiste.
Geistesgegenwärtig warf ich die CD damals noch rechtzeitig vor dem Hörsturz wieder aus und vergrub sie zusammen mit der diffusen Erinnerung tief im Handschuhfach. Natürlich habe ich dem Neffen das nie gesagt, sondern mich bedankt und ihn sehr gelobt. Dieses Phänomen kennen Sie vielleicht von Blockflötenvorträgen dreijähriger Musikvorschüler bei einschlägigen Familienfesten. Denen schickt man danach ja auch keine Schadensersatzforderung wegen des von "Alle meine Entchen" ausgelösten Tinnitus.
Ich räume aber ein, dass ich mit Blick auf das Konzertgroßereignis im Opernhaus dem einen oder anderen Bekannten einen Tipp gegeben: "Mein Neffe hat da gespielt, dat kannze dir nich anhören", ließ ich dezent durchblicken, dass ich von einem Besuch tendenziell abraten würde. Der Veranstaltung hat das nicht geschadet. Und das war gut so.
Denn als ich diese Woche anlässlich der Inspektion meines Autos das Handschuhfach aufräumte, tauchte unter dem Shell-Autoatlas von 1998 und der Fernstraßenkarte "Deutsche Demokratische Republik" die CD des Grauens wieder auf. Beim Blick auf das Cover brach mir selbiger aus: Die war gar nicht von "Sax for Fun", sondern von "XXX XXX XXX" (Name zum Glück nur mir bekannt). Erschwerend kam hinzu, dass meine Frau angesichts meines bestürzten Gesichts den auch nicht unbedeutenden Hinweis gab: "Der Junge spielt doch gar nicht Saxophon, sondern Trompete." Ummpf.
Ich darf mich also an dieser Stelle in aller Form entschuldigen. Bei den beteiligten Künstlern, dem Neffen, der zum Glück studienbedingt in Düsseldorf wohnt und das hoffentlich nicht liest, und den irregeleiteten Bekannten. Das Gemeinschaftskonzert soll wegen des großen Erfolgs wohl nächstes Jahr wiederholt werden. Dann mache ich Reklame dafür. Und bis dahin kaufe ich mir die neulich erschienene erste (!) CD von "Sax for Fun". Versprochen.
Bis die Tage!