Nach dem Ende der „Ampel“ Manfred Todtenhausen: „FDP hat Koalition nicht gesprengt“

Wuppertal / Berlin · Wie haben die drei Wuppertaler Bundestagsabgeordneten aus den Regierungsparteien das Zerbrechen der Bundesregierung in Berlin erlebt? Die Rundschau-Redakteure Roderich Trapp und Stefan Seitz haben nachgefragt. Folge 3: Manfred Todtenhausen (FDP).

Foto: Deutscher Bundestag / Stella von Saldern

Rundschau: Es wird gerne kolportiert, die FDP hätte den Bruch der Ampel-Koalition bewusst herbeigeführt. Wie sehen Sie das?

Todtenhausen: „Die FDP hat die Koalition nicht gesprengt, der Rauswurf des Finanzministers war nicht unser Plan. Allerdings war ja schon im Sommer zu hören, dass der Kanzler die FDP gerne loswerden würde. Jetzt herrscht jedenfalls Chaos und es wird nicht gehandelt.“

Rundschau: Sie waren ja auch 2013 im Bundestag, als die FDP nach der Koalition mit der CDU bei der nächsten Wahl an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert ist. Befürchten Sie jetzt Ähnliches?

Todtenhausen: „Nein, denn das ist nicht vergleichbar. 2013 haben wir uns zu sehr auf die CDU eingelassen und waren dann draußen. Allerdings haben wir damals bis zum Ende gut zusammenarbeitet. Jetzt gab es von Anfang an Auseinandersetzungen, bei denen wir die FDP-Positionen fest vertreten haben. Die Nachbesserungen am Heizungsgesetz sind ein Beleg dafür, wie wichtig das war. Deshalb bin ich auch davon überzeugt, dass wir bis Ende des Monats wieder bei sechs bis sieben Prozent liegen und bei der Wahl zweistellig oder knapp darunter liegen.“

Rundschau: Im Koalitionsausschuss verhandelte und beschlossene Maßnahmen wurden anschließend von den Beteiligten gerne sofort wieder in Frage gestellt. Wie kann so etwas eigentlich sein?

Todtenhausen: „Das habe ich mich auch manchmal gefragt. Es ist die Folge der Aufschreie, die es gibt, wenn die Ergebnisse in die Parteigremien getragen werden. Aber letztlich ist es vor allem ein Zeichen der Schwäche des Kanzlers.“

Wie viel von dem, was Sie sich für die Legislaturperiode vorgenommen hatten, konnten Sie bis zum Bruch umsetzen?

Todtenhausen: „Ich habe mich ja immer als Stimme des Handwerks und der Wirtschaft verstanden, weil ich ja immer noch als Elektromeister selbständig bin, und rede oft mit Betrieben und Unternehmern. Da kommt immer als erstes das Bürokratie-Problem auf den Tisch. Die Koalitionskollegen, die in ihren Fraktionen auch für das Handwerk zuständig sind, haben zusammen mit mir immer mit einer Stimme gesprochen. Die Probleme lagen dann in den Ebenen darüber.

Wir haben Teil eins des Bürokratieabbaugesetzes beschlossen und hätten jetzt Teil zwei wie auch Erleichterungen beim Vergaberecht auf den Weg gebracht. Dazu wollte ich eigentlich am 7. November meine bisher größte Rede im Bundestag halten und auch hier die Handwerker-Sicht einbringen. Viele Leute wissen gar nicht, dass ein Bäcker sonntags nur drei Stunden backen darf, die Tankstelle nebenan aber den ganzen Tag. Solche unsinnigen Regeln müssen weg.

Am 6. November kam dann aber das Koalitions-Aus. Ich habe etwas Hoffnung, dass wir den Beschluss ähnlich wie beim Deutschlandticket vielleicht noch überparteilich hinkriegen, aber es sind ja nicht mehr so viele Sitzungswochen.“

Rundschau: Die deutsche Wirtschaft sieht die Ampel-Zeit sehr kritisch. Was sagen Sie dazu?

Todtenhausen: „Mir wäre auch lieber gewesen, wenn wir mit dieser Koalition die Wirtschaftswende eingeleitet hätten. Aber dass es der Wirtschaft schlecht geht, lag nicht am Finanzminister. Und dieses Problem löst man auch nicht mit neuen Schulden. Ich würde mir wünschen, dass der Staat mehr Vertrauen in unsere Unternehmer hätte, statt es ihnen unnötig schwer zu machen. Ich kenne so viele Unternehmer, die Werte vorleben. Deshalb sage ich immer noch: So viel Staat wie nötig, nicht wie möglich ...“

Rundschau: Sie sind jetzt 73. Werden Sie noch einmal kandidieren, um in Berlin für diese Sicht zu werben?

Todtenhausen: „Ich habe mich diese Woche dagegen entschieden. Aber ich möchte im Herbst für den Stadtrat kandidieren. Ich glaube, dass ich mit meiner Erfahrung aus Berlin und davor 15 Jahren im Rat da sehr viel beitragen kann. Wuppertal kann meiner Meinung nach deutlich mehr, als es gerade zeigt. Als Bundestagskandidaten werde ich unseren Wuppertaler Fraktionsvorsitzenden René Schunck vorschlagen. Er kennt als Prokurist bei der Firma Sachsenröder die Wirtschaft und ist ein toller Bewerber.“

Rundschau: Könnte die von Ihnen mit beschlossene Wahlrechtsreform für die FDP dabei zum Bumerang werden?

Todtenhausen: „Grundsätzlich finde ich die Verkleinerung das Bundestags richtig, 731 Abgeordnete wie aktuell brauchen wir wirklich nicht. Und wenn wir ein zweistelliges Ergebnis schaffen, dann hat auch ein Wuppertaler Kandidat mit einem Listenplatz zwischen 14 und 18, den ich immer hatte, gute Chancen, ins Parlament zu kommen. Ein schlechtes Ergebnis möchte ich mir nicht vorstellen. Es wäre schlimm, wenn es eine liberale Partei der Mitte im Parlament nicht mehr gäbe.“