Leserbrief „Unter dem Einfluss karnevalistischen Frohsinns“

Wuppertal · Betr.: Grundsteuer B in Wuppertal

Symbolbild.

Foto: AlexanderStein

Also jetzt ist es endlich klar. Die Grundsteuer wird deutlich teurer! Unser Reihenhaus wurde im Rahmen der Neuberechnung des Grundsteuerwertes und des daraus resultierenden Messbetrags rechnerisch geringer bewertet als beim Hausbau im Jahre 1990. Merkwürdig dachte ich! Es kam mir ein ironischer Gedanke: „Vielleicht zahle ich zu viel Grundsteuer?“

Diesen Gedanken habe ich aber schnell als Witz verworfen. Dann erfreute mich der Gedanke, dass die Neubewertung bei gleichbleibendem Hebesatz von 620 Prozent rechnerisch zu weniger Grundsteuer geführt hätte. Ich hätte 85 Euro weniger zahlen müssen. Super! Aber halt! Auch diesbezüglich kamen schnell Selbstzweifel auf! Weniger zahlen! Im Leben nicht!

Am Tag des 11.11., allgemein bekannt als „Hoppeditz erwache“, hat der Stadtrat Wuppertal unter dem Einfluss karnevalistischen Frohsinns auf Anraten des Kämmerers den Beschluss gefasst, den Hebesatz der Grundsteuer B von 620 auf 947 Prozent anzuheben. Die hoch verschuldete Stadt benötigt mehr als dringend Geld.

Mit diesem Hebesatz kann ich mir die Grundsteuer ab dem 1. Januar 2025 selbst ausrechnen. Frohsinn kommt dabei nicht unbedingt auf! Messbetrag multipliziert mit dem Hebesatz ergeben 623,50 Euro. Das sind im Verhältnis zum alten Hebesatz und dem neuen Messbetrag über 50 Prozent mehr. Egal! Wohneigentum verpflichtet und durch die Grundsteuer leiste ich einen Beitrag zur Finanzierung und zum Wohle meiner Heimatstadt.

Es wäre alles gut, wenn nicht, dieser vom Stadtrat Wuppertal beschlossene einheitliche Hebesatz dazu führen würde, dass private Eigentümer stärker belastet und Eigentümer von Gewerbeimmobilien / Unternehmer finanziell entlastet würden. So liest man es jedenfalls in den Berichten zum Thema. Ist das sozial gerecht? Warum werden nur Unternehmer und Eigentümer von Gewerbeimmobilien finanziell entlastet? Dieser Effekt sollte laut Aussage des Finanzministeriums NRW eben gerade nicht sein!

Das Land NRW hat bereits früh erkannt, dass die Grundsteuerreform zu einer Belastungsverschiebung zum Nachteil von privaten Haushalten führen wird. Mit dem Gesetz über die Erhebung „differenzierter“ Hebesätze hat man deshalb die Kommunen im Rahmen ihrer Selbstverantwortung und unter Berücksichtigung lokaler Gegebenheiten vor Ort ertüchtigt, Hebesätze so auszutarieren, das private Wohneigentümer eben nicht übermäßig belastet werden. Auch hat das Land sogenannte „faire“ Hebesätze vorgeschlagen, die nach eigener Berechnung zu einem gleichbleibendem (neutralem) Steueraufkommen geführt hätten. Alles nachzulesen auf den Internetseiten der Finanzverwaltung NRW.

Diese Instrumente hat der Stadtrat Wuppertal nicht genutzt. Der Kämmerer gibt an, dass das Land den „fairen“ Hebesatz nicht richtig berechnet hätte, weil angeblich falsche Daten zu Grunde gelegt hätten. Und einen differenzierten Hebesatz könne / wolle man wegen angeblicher Rechtsunsicherheit, Klagerisiken, fehlende IT-Programmen etc. nicht beschließen. Alles zu schwer, kompliziert und mit zu viel Arbeit verbunden. Die prekäre Personallage der Stadtverwaltung lässt grüßen!

Also geht man den einfachsten Weg, erhöht drastisch den Hebesatz der Grundsteuer B und belastet somit einseitig und über Gebühr den Privateigentümer (oftmals Familien). Ob das das Ansinnen des Bundesverfassungsgerichts zur gerechteren Steuerbewertung von Immobilien war, bezweifele ich.

Wahrscheinlich verstehe ich das alles nicht richtig, weil mir der Blick für das Große und Ganze fehlt. Ich fühle mich von der Politik über den Tisch gezogen und meine Politikverdrossenheit nimmt jeden Tag zu. Ich frage mich, wie es anderen privaten Wohneigentümern ergeht.

Michael Klein

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