Kommentar zur „Ära Feicht“ bei den WSW Wenn der Wind von vorne weht
Wuppertal · Er muss einen guten Eindruck gemacht haben – als stellvertretender Bundesvorsitzender der kommunalen Unternehmen, eine Position, die er auch im europäischen Verbund ausübte. Einer, der mit energiewirtschaftlichen Themen aufwacht und abends wieder einschläft.
Diesen Eindruck konnte man jedenfalls gewinnen, wenn man Andreas Feicht auf komplexe Zusammenhänge im Energiesektor ansprach. Einer, der auch die zunehmende Bedeutung digitaler Faktoren in diesem Bereich früh erkannte. Und wohl auch deswegen eine Idealbesetzung für genau diesen (verwaisten) Posten im Bundeswirtschaftsministerium.
Zugleich jemand aus der Praxis, der seine Überlegungen nicht nur am Reißbrett skizzierte, sondern auch wusste, welche Gefahren hinter der einen oder anderen Entscheidung stecken können. Denn genau das macht die Bilanz seiner zwölf Jahre im Tal aus.
Bei seinem Einstand war es wohl wieder der gute Eindruck, den Andreas Feicht als externer Berater hinterlassen hatte. Der verhalf ihm mit 34 Jahren zu einem ordentlichen Karrieresprung – zum Vorstandsvorsitz der WSW, der zuvor immer mit gestandenen promovierten Juristen oder Technikern besetzt war. Die folgende zweijährige „Probezeit“ stärkte seine Position eher.
Feicht gelang es in den Folgejahren, den WSW nicht nur ein flotteres Image zu verpassen, sondern auch inhaltlich neue Trends aufzugreifen und umzusetzen. Gleichzeitig beobachtete er akribisch, welche Geschäftsfelder den Aufbau lohnen und von welchen man sich lieber verabschiedet. Denn die Energiewirtschaft und ihre ausführenden Instrumente verändern sich in einem rasanten Tempo. Das hat Feicht leidvoll selbst erfahren müssen. Am nachdrücklichsten wohl bei der Beteiligung am Kohlekraftwerk in Wilhelmshaven, das WSW-Miteigentümer GDF Suez mit in die Ehe brachte. In Zeiten des regenerativen Energievorrangs ein strategischer Fehler.
Relativ machtlos war er hingegen bei der Aufgabe der beiden Heizkraftwerke, die schlagartig nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden konnten. Immerhin kann er dafür auf den Neubau der Fernwärmetrasse von Korzert ins Tal verweisen. Mit der Wasserstoff-Anlage an der AWG ist man technologisch ganz vorne mit dabei. Und halb Deutschland beobachtet aufmerksam die innovative Digi-Tal-Markt-Plattform.
Doch es gab ja auch die ungeschmeidige Diskussion um den Verwaltungsneubau, die Kinderkrankheiten beim Schwebebahnaustausch, den ständigen Kampf um schwarze Zahlen bei abnehmenden Energie-Erlösen, seit Jahren auch die vehemente Seilbahn-Diskussion: Feicht hat in zwölf aufregenden Jahren erlebt, wie einem der Wind ins Gesicht blasen kann. In einer Stärke, die er sicher gerne in die Stromerzeugung durch Windräder gesteckt hätte.
Doch wenn er jetzt in Berlin auf dem neuen Posten wieder einmal einen guten Eindruck hinterlässt, könnte er möglicherweise einen nächsten Karrieresprung angehen. Der dann vielleicht auch einen finanziellen Vorteil verspricht. Denn gehaltstechnisch hat Feicht mit seiner aktuellen Beamtenvergütung einen Rückschritt vollzogen.