Kirchliche Hochschule Wuppertal „Die Barmer Theologische Erklärung ist kein Wortmuseum“

Wuppertal · Die diesjährige Studienwoche der Kirchlichen Hochschule (KiHo) Wuppertal startet am 9. Dezember 2024. Sie geht der Frage nach, welche Lektionen Kirche, Politik und Gesellschaft heute, also 90 Jahre nach ihrer Verabschiedung, aus der Barmer Theologischen Erklärung (BTE) von 1934 ziehen können. Interessierte können die Vorträge am Vormittag digital kostenlos verfolgen. Die Prorektorin Professorin Dr. Claudia Janssen beantwortet die wichtigsten Fragen rund um diese Veranstaltung.

Prorektorin Professorin Dr. Claudia Janssen: „Mit dieser Studienwoche wollen wir den Bildungscampus Heiliger Berg für alle Interessierten öffnen und Einblicke in unsere theologische Arbeit ermöglichen.“

Foto: KiHo Wuppertal

Welche Bedeutung hat die BTE 90 Jahre nach Ihrer Verabschiedung für die Evangelische Kirche?

Janssen: „Die BTE stellt einen Schlüsseltext der Evangelischen Theologie und ihrer politischen Dimension im 20. Jahrhundert dar. Die sechs Barmer Thesen im Zusammenhang der ,Ersten Reichsbekenntnissynode in Wuppertal-Barmen‘ gehören zum Traditionsgut des deutschen Protestantismus.“

Was sind die wichtigsten Lektionen aus heutiger Sicht?

Janssen: „Die BTE bildet ein Musterbeispiel dafür, wie sehr die Kirche in ihrer Frage, was Kirche zur Kirche macht und in welches Verhältnis Staat und Kirche zu setzen sind, auf auskunftssolide Theologie angewiesen ist und bleibt.“

Im Rahmen der Studienwoche widmen sich Lehrende und Studentinnen und Studenten dem Thema intensiv und aus verschiedenen Perspektiven der Theologie und angrenzender Wissenschaften. Welche neuen, inhaltlichen Impulse zur BTE dürfen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erwarten?

Janssen: „Die BTE ist aktueller denn je. Sie ist kein Wortmuseum, sondern fordert uns heraus, politisch und theologisch zu denken. Dazu gehört auch, kritisch auf die eigene Tradition zu schauen. Das heißt für uns: Wir können aus der Vergangenheit lernen, um die Gegenwart besser zu verstehen. Wir fragen danach, wie wir angesichts von wachsendem Rechtspopulismus und Antisemitismus theologisch argumentieren und handeln können.

Dazu schauen in die Archive des Kirchenkampfes, beschäftigen uns mit Erinnerungsorten und der Bedeutung, die die BTE in der weltweiten Ökumene hat. Abends laden wir ein zum Gespräch in den politischen Salon und zum politischen Nachtgebet.“

Welchen Vorträgen blicken Sie persönlich mit größtem Interesse entgegen?

Janssen: „Die Studienwoche lebt von der Vielfalt der Vortragenden und ihrer Themen. Das Besondere daran ist, dass wir aus allen theologischen Disziplinen danach fragen, was es heute bedeutet, aus den Barmer Thesen zu lernen. Ich freue mich, dass wir auch auswärtige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wie Prof. Dr. Tim Lorentzen aus Kiel, Profesorin Dr. Gisa Bauer aus Köln und Persönlichkeiten aus Kirche und Gesellschaft wie Arnd Henze aus Köln, Dr. Ulrike Schrader aus Wuppertal und Martin Engels aus Düsseldorf für Vorträge gewinnen konnten. Spannend sind insbesondere auch die Workshops, die vertiefte Arbeit zu aktuellen Themen ermöglichen. Auch hier konnten wir wichtige Expertinnen und Experten gewinnen.“

Welchen Erkenntnisgewinn erhoffen Sie sich am Ende dieser Studienwoche? Für die Forscherinnen und Forscher? Für die Studentinnen und Studenten?

Janssen: „In kirchenhistorischer Hinsicht besteht die Arbeit vor allem darin, dass die Barmer Thesen in ihrem zeitgeschichtlichen Kontext analysiert und konkret historisch eingeordnet werden müssen. Dazu gehört auch aufzudecken, was an ihnen problematisch ist. In systematisch-theologischer Hinsicht besteht die Arbeit darin zu zeigen, inwiefern die Barmer Thesen einen Leitfaden theologischer Auskunftskompetenz bilden und wie sie helfen, angesichts der drängenden Fragen der Gegenwart theologisch sprachfähig zu werden.

Das betrifft vor allem die Frage nach der Autorität der Schrift, Grundfragen der Christologie, die Verwicklung und Täterschaft christlicher Theologie in den Antisemitismus, um auf dieser Basis Herausforderungen der politischen Ethik heute zu bedenken.“

Interessierte können die Vorträge an den Vormittagen per Zoom kostenlos verfolgen. Warum macht die KiHo Wuppertal dieses Angebot?

Janssen: „Mit dieser Studienwoche wollen wir den Bildungscampus Heiliger Berg für alle Interessierten öffnen und Einblicke in unsere theologische Arbeit ermöglichen. Deshalb laden wir öffentlich ein und ermöglichen es, kostenfrei digital an den Vorträgen am Vormittag teilzunehmen.“