Leserbrief „Deshalb alles andere stumm hinnehmen?“

Wuppertal · Betr.: E-Roller und andere Themen

Szene vom 1. Oktober an der Ecke Briller Straße und Luisenstraße.

Foto: Burkhard Hornbruch

Um die E-Roller ist es (zumindest hier in den Leserbriefen) inzwischen ruhiger geworden. Da sollte man ja auch lieber den Mund halten angesichts der drohenden Sozialkürzungen, nicht wahr, Herr Seitz?

Gefühlt ist das Problem für mich aber präsenter denn je. Bin ich ein weiterer negativer Meckerkopp? Um das für mich selbst zu überprüfen, habe ich 19 Tage lang gezählt, wie viele abgestellte Leih-E-Roller ich in Elberfeld sehe und wie viele davon unnötig rücksichtslos abgestellt wurden. Unnötig heißt dabei für mich, dass ein Roller mit maximal Sekunden Zusatzaufwand in unmittelbarer Nähe (meist unter einem Meter) platziert werden könnte, ohne für Fußgänger, Kinderwagen, Rollatoren, Rollstühle oder zum Beispiel für unsere blinde Freundin ein Hindernis darzustellen.

Dabei habe ich E-Roller, die Fahrradständer blockieren, immer noch als rücksichtsvoll abgestellt gezählt. Ergebnis: An keinem Tag wurden mehr als 50 Prozent rücksichtsvoll abgestellt, an einigen sogar kein einziger. Insgesamt wurden von 231 gezählten Leih-E-Rollern 169 unnötig rücksichtslos abgestellt. Das sind 73 Prozent.

Der Unfall, der in Gelsenkirchen zum Komplettverbot geführt hat, sollte wohl allgemein bekannt sein. Eine meiner Arbeitskolleginnen (ich arbeite in Köln) wurde übrigens vor über einem Jahr von einem Leih-E-Roller angefahren, als sie ein Geschäft verließ. Bis heute kann sie noch nicht wieder arbeiten.

Es ist schlimm, wenn Menschen, die unserer Hilfe und Solidarität bedürfen, das Nötigste zum Leben verwehrt wird. Aber muss ich deshalb alles andere stumm hinnehmen? Oder ist vielleicht die ausufernde Rücksichtslosigkeit von uns allen das eigentliche Problem – egal ob von Strömungen, die den Wohlstand der einen auf Kosten der anderen sichern wollen, oder von meinem Nächsten im täglichen Leben.

Burkhard Hornbruch

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