Nach Toreschluss - die Wochenendsatire Mut zum Kros
Wuppertal · In Hattingen hat sich die Stadt etwas Nettes überlegt: Nämlich das ramponierte Image eben dieses Wörtchens „nett“ wieder aufzupolieren. „Nett“ ist ja bekanntlich die kleine Schwester von Sch..., was für das „Nett“ nicht besonders nett ist.
Deshalb hat Hattingen in Absprache mit der Gesellschaft für deutsche Sprache eine Wort-Partnerschaft für „nett“ übernommnen und es in den Mittelpunkt einer Stadtmarketingkampagne unter dem Motto „nett hier“ gestellt. Hinweise auf das lokale Engagement für das diskreditierte Wort hängen jetzt an diversen Ortseingangsschildern, auf Instagram wird unter #netteshattingen kräftig gepostet und man kann sogar für 59 Euro Liegestühle mit dem Aufdruck „nett hier“ kaufen.
Eine nette Idee, die zu Hattingen passt, weil es da ja tatsächlich ganz nett ist, wenn man zwischen den ganzen Industriegebieten endlich die Altstadt gefunden hat. Und natürlich brachte mich das unmittelbar zu der Frage, für welches zu bemitleidende Wort Wuppertal denn eine Partnerschaft übernehmen könnte. Mir ist da spontan „krosig“ eingefallen. Krosig ist ja von Hause aus durchaus ein netter Begriff, weil er zwar Unordnung anprangert, aber dabei noch einen Hauch von Verständnis für das Durcheinander mitschwingen lässt. Ein Kroskopp ist in diesem Sinne zwar ein Chaot, aber immerhin ein sympathischer.
Nun hat „krosig“ aber zwei Probleme: Erstens kennt es außerhalb unserer Region kein Mensch. Und zweitens ist sein Image durch den lautlich zum Verwechseln ähnlichen Querpass-Artisten Toni Kroos nachhaltig beschädigt worden. Insofern wäre es ideal, „krosig“ mit Hilfe Wuppertals wieder auf seine ursprüngliche Bedeutung zurückzuführen. Stellen Sie sich mal vor, unter dem Schild „Wuppertal Hbf“ an Gleis 1 würde der Zusatz „krosig hier“ hängen.
Die Besucher von außerhalb würden dann nicht mehr tief betroffen vor Deutschlands beschissenster Bahnhofsfassade stehen, sondern schmunzelnd den augenzwinkernden Verweis auf die seit 30 Jahren unmittelbar bevorstehenden Verschönerungsmaßnahmen der Deutschen Bahn zur Kenntnis nehmen. Und wenn Sie später durch die Elberfelder City laufen und an den rot-weißen Absperrungen kleine Zettel mit „krosig hier“ hängen, dann werden Sie es auch nicht mehr so störend finden, dass hier statt einer Fußgängerzone eine Fernwärmebaustellenzone ist.
Und steht schon am Ortseingangsschild „Wuppertal – krosig hier“, werden Gäste vielleicht sogar positiv überrascht, weil wir damit die Erwartungshaltung geschickt auf den absoluten Nullpunkt schrauben. Die Touristen laufen also über die Hardt oder durchs Lusienviertel und werden sagen: „Das ist doch in Wirklichkeit richtig nett hier.“ Und das ist dann wirklich als Kompliment gemeint, denn „nett“ hat Hattingen bis dahin bestimmt schon längst gerettet ....
Bis die Tage!