Nach Toreschluss - die Wochenendsatire Körnerverlust

Wuppertal · Tut mir leid, aber ich habe immer noch frei. Trotzdem möchte ich sie nicht so ganz ohne etwas zum Lachen ins Wochenende entlassen. Also habe ich noch einmal ins Archiv gegriffen und diesen Beitrag gefunden, der vor mehr als sechs Jahren ein Problem behandelte, das bis heute nicht gelöst ist ...

Roderich Trapp.

Foto: Max Höllwarth

Bei manchen einfachen Dingen des täglichen Lebens könnte man ja echt ein Hörnchen kriegen. Ich persönlich rege mich zum Beispiel gerne über Körnerbrötchen auf. Die kennen Sie auch: Es handelt sich um die moderne Ausbaustufe des handelsüblichen Brötchens, bei dem die Körner nicht mehr nur in das Produkt eingearbeitet, sondern auch außen sichtbar montiert werden.

Dieser Prozess ist offenbar unvorstellbar aufwändig: Der Preis für ein Körnerbrötchen legt jedenfalls nahe, dass Bäckergesellen nächtelang jeden Kürbiskern einzeln unter Berücksichtigung von Yin, Yang und Mondkalender mit der Hand in die Kruste massieren.

Umso ärgerlicher, dass mindestens die Hälfte des hochwertigen Körnerbesatzes schon beim Transport von der Bäckerei zum Verzehrort wieder abfällt. Der Rest wird beim Aufschneiden oder dem herzhaften Anbiss des Brötchens regelrecht abgesprengt und siedelt sich daraufhin in Teppichböden, Sofaritzen oder Kleiderfalten an. Dort angelangt, erhöht sich die Haftfähigkeit der Körner schlagartig, so dass etwa Gebrauchtwagenkäufer nur in die Spalte zwischen Sitz und Rückenlehne fassen müssen, wenn sie wissen wollen, ob sich der Vorbesitzer gesund ernährt hat.

 Wissenschaftler untersuchen gerade das paradoxe Phänomen, wieso ein Körnerbrötchen für zwei Euro Körner im Wert von zehn Euro verlieren kann und der Bäcker trotzdem noch Gewinn macht. Herausgefunden haben sie dabei bisher aber nur, dass Körnerbrötchen vor allem deshalb so gut verdaulich sind, weil sie größtenteils gar nicht im Mund ankommen.

Je gesünder ein Körnerbrötchen ist, desto eher besteht übrigens die Gefahr, dass innen oder außen ganze Körner verwendet werden, die sich im Härtegrad auf Augenhöhe mit Roheisen bewegen und dem menschlichen Zahn turmhoch überlegen sind. Der Abbruch der Plombierung kündigt sich dem Körnerbrötchenesser dabei Sekundenbruchteile vorher durch ein mergelndes Geräusch aus dem Kau-Apparat an, das auch Umsitzende gut hören können.

Diesen „Morbus Korn“ verhindern manche Bäckereien allerdings weitsichtig, indem sie bereits die Kruste so hart machen, dass man gar nicht erst ins Brötchen reinbeißen kann.

Wenn ich nur dran denke, krieg ich schon wieder ein Körnchen ... – pardon: Hörnchen!

Bis die Tage