Nach Toreschluss – die Wochenendsatire Im Nacktexpress
Wuppertal · Corona hat vieles verändert. Vor allem die Logik. Wieso dürfen 375 Besucher auf 750 Plätze ins enge Opernhaus, aber nur 300 ins mehr als 20.000 Gäste fassende Zoo-Stadion? Hat da jemand eine Null vergessen oder haben sich das Nullen in Düsseldorf ausgedacht?
Wirkt das Hohe C in Opern nach neuesten Erkenntnissen von Virologen vielleicht ähnlich vorbeugend gegen Corona wie Vitamin C gegen Grippe? Oder möchte die Landesregierung die Fußball-Fans mit der Corona-Verordnung nicht vor dem Virus, sondern in Wirklichkeit vor schlechten Regionalliga-Spielen schützen? Irgendwie verstehe ich diese Corona-Welt nicht mehr ...
Ich bin froh, dass wenigstens die Nackttionalmannschaft von der Zuschauerbegrenzung nicht betroffen ist, wenn sie morgen im Stadion am Zoo gegen die Niederlande spielt. Da sind nämlich gar keine Fans vorgesehen. Die Nacktionalmannschaft, deren Spieler nichts an haben, wird gerne mit der Nationalmannschaft verwechselt, deren Spieler nicht gegen Spanien gewinnen können. Dabei kann man sie relativ leicht am Trainer unterscheiden, weil die Nacktionalmannschaft den wesentlich besseren hat. Ich kenne ihn zwar gar nicht, kann mir aber wirklich nicht vorstellen, dass er so wie Taktik-Magier Jogi Löw am Donnerstag bei einer 1:0-Führung die weltbesten Konterspieler gegen Verteidiger auswechseln würde, damit der Gegner in der Nachspielzeit doch noch ein Tor reinmurmeln kann statt 0:3 zu verlieren.
Bei der Nacktionalmannschaft kommt es übrigens weniger auf das Ergebnis als auf die symbolische Bedeutung des Kicks an. Er soll die Kommerzialisierung des Fußballs anprangern. Mit dieser Symbolik könnte man auch an anderen Stellen in Wuppertal Zeichen setzen. Ich stelle mir zum Beispiel den Nacktrat vor, der für mehr Transparenz in der Politik eintritt. Abgeordnete aller Parteien könnten sich dazu nackt im Barmer Ratssaal treffen. Wenn ich mir das Durchschnittsalter der bisherigen Mandatsträger angucke, können wir das allerdings auch ganz gut lassen.
Besser wäre vielleicht der Nacktexpress als Mahnung für ein besseres Nahverkehrsangebot in Wuppertal: Ein vollbesetzter Bus mit Fahrgästen, die nur eine Maske und ein Ticket2000 tragen – da wird sich der Fahrer alle Mühe geben, überpünktlich zu sein ...
Oder wie wäre es bei der Opernpremiere am nächsten Samstag mit einer schönen Arie der Königin der Nackt, um auf die schwierige Situation im Kulturbereich aufmerksam zu machen? Wenn auch Prinz Tamino nichts an hätte, bekäme sogar der Titel „Die Zauberflöte“ eine ganz neue Bedeutung. Von Papagenos magischem Glockenspiel mal ganz zu schweigen ...
Mit einem Nacktradeln auf der B7 könnte die Fahrradlobby auf die Probleme für Zweiräder im Nacktverkehr – pardon: Nahverkehr – hinweisen. Bei einem spontanen Weihnacktsmarkt könnten nur mit einem Bart bekleidete Nikoläuse gegen den drohenden Ausfall sämtlicher großer Veranstaltungen im Advent protestieren. Und wenn die OB-Kandidaten statt in den Nahkampf in den Nacktkampf gehen würden, wäre Wuppertal plötzlich mal mit etwas anderem als still stehenden Schwebebahnen in den Medien.
Apropos Schwebebahn: Sollten Sie erwägen, aus Ärger über die 200 Mängel an den neuen Wagen nackt Schwebebahn zu fahren, dann bedenken Sie bitte, dass das derzeit nur am Wochenende möglich ist. Und meine Eimpfehlung wäre ohnehin, das besser zu lassen. Es ist doch schon schlimm genug, dass die Stadtwerke auf der Suche nach Erklärungen für die Löcher in den Rädern immer noch ganz blank dastehen ...
Bis die Tage!