Nach Toreschluss - die Wochenendsatire Auf den Hund gekommen

Wuppertal · Vorige Woche traf ich meine Gattin förmlich schockgefrostet vor unserem Briefkasten stehend an. Das war mit Blick auf das Schreiben in ihrer Hand durchaus nachvollziehbar.

Roderich Trapp.

Foto: Max Höllwarth

Es stammte vom auch für Wuppertal zuständigen Bergischen Veterinäramt in Solingen und hatte einen niederschmetternden Inhalt: Darin stand, dass gegen meine Frau ein Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen Verstoßes gegen das Landeshundegesetz eingeleitet worden ist. Es liege nämlich eine Anzeige gegen sie vor, in der sie beschuldigt wird, Anfang Juni ihren Hund beim morgendlichen Spazierengehen in unserer Nachbarschaft nicht angeleint und nicht unter Kontrolle gehabt zu haben, so dass er einem anderen Hund an die Kehle gegangen sei. Dem Amt sei auch zur Kenntnis gelangt, dass sich 14 Tage vorher bereits ein ähnlicher Fall ereignet habe, bei dem sich der Hund jedoch gerade noch habe abrufen lassen. Damit habe sie gegen Paragraph 2 Absatz 1 des Landeshundegesetzes - wunderschön mit LHundG NRW abgekürzt - verstoßen, der besagt, dass Hunde so zu halten, zu führen und zu beaufsichtigen sind, dass von ihnen keine Gefahr für Leben und Gesundheit von Menschen und Tieren ausgeht.

Betroffen schaute ich der Ertappten in die verstörten Augen. Was würde sie zu ihrer Verteidigung vorbringen? Erst recht mit Blick auf Teil zwei des Schreibens: Der besagte nämlich, dass dem Amt durch die Anzeige außerdem erstmals bekannt geworden sei, dass meine Frau Halterin eines Hundes mit einer Widerristhöhe von mehr als 40 Zentimetern Höhe und mehr als 20 Kilogramm Gewicht ist. Solche Tiere dürfen nur gehalten werden, wenn der Besitzer seine Sachkunde nachgewiesen hat, dem Tier ein Mikrochip implantiert und eine Hundehaftpfilchtversicherung abgeschlossen wurde. Das sei nicht erfolgt, weshalb ein zweites Ordnungswidrigkeitsverfahren gemäß Paragraph 20 Absatz 1 Ziffer 17 LHundG gegen sie eingeleitet werde.

Unmittelbar formten sich vor meinem geistigen Auge Bilder, in denen ich der Gattin heimlich ein trockenes Brötchen durch die Gitterstäbe der Zelle im Frauenknast schob. Wie konnte sie nur so fahrlässig handeln? Was sollen bloß die Nachbarn sagen? Würden wir jemals wieder vor die Tür gehen können? „Schande über uns“, wollte ich ihr gerade zurufen, als sich ihre Lippen zu einer hilflos gestammelten Entschuldigung öffneten: „Aber ..., aber ... wir haben doch gar keinen Hund!“

Das stimmt allerdings. Ein Hund im Haus war bei uns genau genommen höchstens, als ich vor 15 Jahren mal die Wiederholung einer alten Schwarz-Weiß-Folge von Lassie im Fernsehen geguckt habe. Insofern warf das Schreiben natürlich Fragen auf, die vorerst im Raum stehen blieben, weil es Freitagnachmittag und bei Behördens niemand mehr im Amt war. Wie konnte diese Anzeige zustande kommen?

Ich erinnerte mich, dass neulich ein Freund zu Besuch war, der gerne Leute erschreckt, indem er Hundegebell täuschend echt nachahmt. Ich habe das danach auch mal im Garten ein bisschen geübt. Habe ich dabei möglicherweise übertrieben? Ich bin ja auch über 40 Zentimeter groß, über 20 Kilo schwer, lasse mir ungern einen Maulkorb verpassen und höre auch nicht immer auf meine Frau. Das sind gewisse Indizien, die gegen uns sprechen. Aber beißen tue ich morgens eigentlich nur in Nutella-Brote.

Möglicherweise versteckt meine Frau aber auch heimlich eine vierbeinige Killermaschine irgendwo im Keller, mir der sie im Zuge eines Doppellebens die Nachbarschaft terrorisiert? War sie bei ihren regelmäßigen Shopping-Touren gar nicht in Modeboutiquen, sondern im Futterhaus? Frauen haben ja oft ihre kleinen Geheimnisse.

In diesem Fall aber zum Glück nicht, wie sich montags herausstellte. Die Anzeige fußte auf einer Adressangabe, die offensichtlich falsch war. Man nahm uns beim Veterinäramt dankenswerterweise ab, dass weder unser nicht vorhandener Hund noch ich einen anderen Wauzi angegriffen haben, und stellte das Verfahren umgehend ein. Auf jeden Fall schönen Dank an den Verursacher, der uns ein lustiges Wochenende mit vielen launigen Sprüchen beschert hat („Gehst du nachher mit dem Hund raus?“). Und jetzt muss ich aufhören und schnell nach Hause. Bonzo kann nicht so lange allein bleiben ...

Bis die Tage!